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Politik: Von der Hand in den Mund

Neben Kriegen und Aids sind es vor allem die Hungersnöte, die viele Länder destabilisieren – ein paar beginnen umzudenken

Sie stehen in langen Schlangen bei 40 Grad Hitze und hoffen auf einen kleinen Eimer Mais. Doch viele der hungrigen Simbabwer werden nach stundenlangem Warten mit leerem Magen heimgeschickt. Wieder einmal wird der Mais nur an die ausgegeben, die sich als Anhänger von Staatschef Robert Mugabe ausweisen können. Simbabwe leidet wie viele andere Länder im südlichen Afrika unter einer der schlimmsten Hungersnöte seiner Geschichte. Anders als in den meisten anderen Staaten ist die Krise hier, im früheren Brotkorb der Region, hausgemacht. Selbst der stellvertretende Landwirtschaftsminister Sylvester Nguni hat inzwischen eingeräumt, dass bei der gewaltsamen Landumverteilung in den letzten fünf Jahren „Fehler“ unterlaufen seien. Im Zuge des offiziell sanktionierten Landraubs waren 4000 der einst 4500 weißen Großfarmer illegal von ihren Höfen vertrieben und das freigewordene Land an Parteibonzen Mugabes oder unerfahrene Kleinbauern verteilt worden. Seitdem ist die Agrarproduktion kollabiert.

Dennoch hat die Machtclique um Robert Mugabe die Lieferung von Nahrungsmittelhilfe bislang abgelehnt. Dabei brauchen nach Angaben des Welternährungsprogramms der UN (WFP) mehr als vier Millionen Simbabwer dringend Hilfe. Besonders kritisch dürfte die Lage zwischen Januar und April werden, also in den Monaten vor der nächsten Maisernte. Erst letzte Woche hatte WFP-Chef James Morris gewarnt, dass weite Teile Afrikas, vor allem der Süden, von einem gefährlichen Mix aus Hunger, Armut, schwachen Regierungen und Aids geplagt würden, der die Gesellschaften destabilisiere. Inzwischen, sagt Morris, versorge das WFP 43 Millionen Menschen in Schwarzafrika mit Lebensmitteln – doppelt soviel wie während der letzten großen Krise vor zehn Jahren.

Fast überall in Afrika ist die Lage nach Ansicht des WFP-Chefs ähnlich düster. Inzwischen gebe es im Süden der Sahara rund 12 Millionen Aids-Waisen. Zudem würden die produktivsten Menschen an Aids sterben, in vielen Ländern ist das Gesundheitswesen hoffnungslos überfordert. Viele Schulen verlieren ihre Lehrer schneller an die Krankheit, als neue ausgebildet werden können. In Malawi und Simbabwe gelten etwa die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren als unterentwickelt.

Das frühere Entwicklungsmodell Simbabwe ist ein extremer Fall – und dennoch stellvertretend für Afrika. Ob Sudan, Somalia, Angola, Kongo oder die Elfenbeinküste – das Antlitz des Kontinents ist mehrheitlich gekennzeichnet durch Diktaturen, kriegerische Konflikte, extreme Armut, wirtschaftliche Stagnation und Krankheiten.

In der Frage der Lebensmittelproduktion hat es sich als großer Nachteil erwiesen, dass die Basisstoffe für die Grundnahrungsmittel überwiegend von schwarzen Farmern angebaut werden, die fast nur für den Eigenbedarf produzieren – und auch keine Bewässerungsanlagen haben. Sie sind daher völlig darauf angewiesen, dass es zur richtigen Zeit regnet – sonst vertrocknen die Felder. Schlechte Straße erschweren ihnen den Transport der Ernte. Ohne echte Vermarktungskanäle können die Farmer ihre wenn überhaupt kleinen Überschüsse nur in der direkten Nachbarschaft verkaufen. So hungern zum Beispiel weite Teile im Süden von Mosambik selbst dann, wenn der Norden eine gute Ernte hat.

Durch konkrete Hilfe beim Bau kleiner Bewässerungssysteme wie Sprengern und Berieselungsanlagen wäre viel gewonnen. Malawi hat sie gerade zur Priorität gemacht. Was dem Land fehlt, sind technisches Wissen und Geld. Mit gezielter Hilfe ließe sich hier ohne großen Aufwand viel erreichen. Auch andere Länder denken um: Sambia und Mosambik werben aktiv um die aus Simbabwe vertriebenen weißen Farmer – und profitieren bereits von deren Wissen und Know-how.

Auf Initiative von Bundespräsident Horst Köhler findet an diesem Wochenende auf dem Petersberg bei Bonn die Konferenz „Partnerschaft mit Afrika“ statt. Erwartet werden zahlreiche afrikanische hochrangige Politiker und Intellektuelle. Ziel ist ein offener Dialog über das Verhältnis zwischen Afrika und den Industriestaaten sowie über neue Wege der Partnerschaft.

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