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Politik: Von Frau zu Frau

Frankreichs Präsidentschaftskandidatin Royal sieht sich mit Kanzlerin Merkel als „Komplizin“ verbunden

Berlin - Die Kandidatin räusperte sich, bevor sie ein paar deutsche Sätze in ihre Wahlkampfrede einstreute und der SPD „für ihre wertvolle Unterstützung“ dankte. Fast schien es Ségolène Royal, Frankreichs sozialistischer Präsidentschaftskandidatin, ein bisschen peinlich zu sein, als sie am Montagabend in Berlin vor rund 400 versammelten Auslandsfranzosen ihre mangelnden Deutschkenntnisse preisgeben musste. Vor ihren Anhängern erzählte Royal, dass sie eigentlich in der deutschen Sprache firm sein müsste – ist sie doch in den Vogesen nicht weit von der deutschen Grenze aufgewachsen, und da war Deutsch als erste Fremdsprache auch für Ségolène Royal Pflicht.

Allerdings spielten Botschaften für das deutsche Publikum in dem knapp 24-stündigen Berlin-Besuch Royals nur eine Nebenrolle. Eher hatte es den Anschein – wie schon bei der Visite des konservativen französischen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy vor drei Wochen –, als sei der französische Wahlkampf für einen Tag an die Spree geschwappt. Da sich Frankreichs Präsidentschaftskandidaten derzeit mit Vorschlägen zur Lösung der Krise beim europäischen Flugzeughersteller Airbus überbieten, wollte sich Royal auch in Berlin nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen. „Ich war die erste, die vom Staat in seiner Rolle als Anteilseigner verlangt hat, seinen Verpflichtungen nachzukommen“ und den Airbus-Mutterkonzern EADS mit neuem Kapital auszustatten, sagte sie.

Airbus will in Europa 10 000 Stellen streichen, um die Krise des Unternehmens zu überwinden. Royal stellte den geplanten Stellenabbau auch bei ihrem Besuch in Deutschland angesichts der guten Auftragslage des Flugzeugbauers in Frage. Nach einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag sagte die Kandidatin, sie stelle sich gemeinsam mit der deutschen Regierungschefin die Frage, ob ein Wachstum der europäischen Luftfahrtsparte und die Erfüllung der Airbus-Aufträge angesichts des geplanten Stellenabbaus möglich sei.

Das Treffen der Kanzlerin und der Präsidentschaftskandidatin war gleichzeitig die erste Begegnung der beiden Frauen. Royal sagte anschließend, zwischen den beiden Politikerinnen habe „eine gewisse Komplizenschaft“ geherrscht. Bei ihrem Gespräch sei auch zur Sprache gekommen, dass Merkel seinerzeit in ihrem Wahlkampf um ihre Glaubwürdigkeit habe ringen müssen, bemerkte Royal. „Sie hat all das überwunden und ihre Kompetenz unter Beweis gestellt“, sagte die Sozialistin – natürlich mit Blick auf ihre eigenen Präsidentschafts-Ambitionen.

Royal bezeichnete Merkel als „überzeugte Europäerin“. Im Juni soll die Kanzlerin einen Vorschlag zum weiten Verfahren bei der EU-Verfassung machen, die die Franzosen vor knapp zwei Jahren bei einem Referendum abgelehnt hatten. Royal erklärte in Berlin, dass die soziale Dimension der EU gestärkt werden müsse, um die Zustimmung der französischen Bevölkerung zu einem neuen Vertragstext zu bekommen.

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