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Politik: Von ganz rechts nach ganz oben

Der Schweizer Populist Blocher wird Minister – der zweite Posten für die SVP geht zulasten der Christdemokraten

Christoph Blocher hat es geschafft: Der nationalkonservative Populist, der die Schweizer Bevölkerung wie kein anderer Politiker polarisiert, ist am Mittwoch ins Kabinett gewählt worden. „Ich werde versuchen, in der Regierung alles, was in meiner Macht steht, zu bewirken, damit die Probleme unseres Landes gelöst werden“, versprach der milliardenschwere Chemieunternehmer nach der Kampfabstimmung im Parlament.

In ersten Reaktionen gaben sich die Linksparteien über die Blocher-Wahl enttäuscht. „Wir konnten das Parlament nicht davon überzeugen, dass Blocher dem Land nicht gut tut“, sagte die grüne Abgeordnete Pia Hollenstein.

Blocher ging als Vertreter der großen Siegerin der Parlamentswahlen vom Oktober, der Schweizerischen Volkspartei, in das Rennen. Seine Konkurrentin um den Sitz im regierenden Bundesrat, Ruth Metzler, repräsentierte die gebeutelte Christlichdemokratische Volkspartei (CVP). Im dritten Wahlgang stürzte schließlich der 63-jährige Blocher die amtierende Bundesrätin mit 121 zu 116 Stimmen. „Ich gehe ohne Verbitterung mit reichlich Erfahrung“, kommentierte die 39-jährige Justizministerin den Generationswechsel im Kabinett.

Nach dem Ausscheiden von Finanzminister Kaspar Villiger deutet einiges darauf hin, dass Blocher die Aufsicht über die Berner Bundeskasse übernehmen soll. Neben Blocher wird auch der wiedergewählte Verteidigungsminister Samuel Schmid die SVP in der Regierung vertreten.

Die Freisinnigen (FDP) schicken zwei Minister ins Kabinett, die Sozialdemokraten ebenfalls, darunter auch Micheline Calmy- Rey. Die umtriebige Außenministerin wurde mit überragenden 206 Stimmen wiedergewählt und ist jetzt die einzige Frau in der Exekutive. Als CVP-Vertreter bleibt Wirtschaftsminister Joseph Deiss übrig.

Der nationale SVP-Präsident, Ueli Maurer, forderte nach der Wahl seines Parteifreundes Blocher einen Richtungswechsel in der Schweizer Politik: Die Bekämpfung eines EU-Beitritts müsse entschiedener verfolgt werden. Die Hürden für Asylbewerber sollten höher gezogen werden. Und schließlich müsse der Staat eisern sparen.

Doch kann der neue Minister Blocher der Schweiz einen harten Rechtskurs verordnen? Experten betonten, dass die Einflussmöglichkeiten des Volkstribunen im Bundesrat beschränkt sind. „Er ist ja nur einer von sieben Ministern, außerdem kennt die Schweiz keinen Regierungschef“, sagt Peter Selb, Politikwissenschaftler der Universität Zürich. „Zudem werden die großen Fragen direkt vom Volk entschieden.“ Wenn Blocher als Finanzminister die Haushaltlöcher verwalte, müsse er seinen Ton mäßigen: „Da kann er nicht mehr viel wettern“, prognostiziert Selb. Die aktuellen Verhandlungen mit der EU über eine engere Wirtschaftskooperation würden daher kaum Schaden nehmen.

Mit dem Einzug ins Kabinett hat Blocher den Zenit seiner politischen Karriere erreicht. Zwar führt er als Präsident nur die SVP des größten Kantons Zürich. Aber mit seinem nationalkonservativen Furor hat er im ganzen Land Anhänger hinter sich geschart. Selbst im französischsprachigen Teil findet die harte Rhetorik des Pfarrersohns inzwischen Gehör. Kritiker werfen ihm immer wieder vor, er scheue sich nicht, auch in braunen Gewässern nach Wählerstimmen zu fischen.

Der Politstar kämpft jetzt gegen die Zeit. Immerhin ist er schon das dienstälteste Mitglied der größten Parlamentskammer. „Der Höhenflug der SVP ist eng mit Blocher verknüpft“, betont der Züricher Soziologe Kurt Imhof. „Ich denke, dass man jetzt noch vier Jahre aushalten muss, und nachher wird sich die Sache wieder einpendeln.“

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Dirk Herbermann[Genf]

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