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Politik: Von Pierer will Bremsen lösen

Bei der Vorstellung von Merkels Wirtschaftsberater ist Innovation das große Schlagwort

Berlin - Der neue wirtschaftspolitische Berater von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel, Heinrich von Pierer, hat weniger Restriktionen für die Bio- und Gentechnik in Deutschland gefordert. Der langjährige Siemens-Vorstandschef begrüßte, dass die CDU-Vorsitzende Innovationen zur Chefsache machen wolle. In Deutschland müssten Ideen schneller umgesetzt werden, sagte der Ex-Manager am Dienstag bei seiner offiziellen Vorstellung in der CDU-Zentrale. Im Falle eines Wahlsiegs der Union soll von Pierer einen zehnköpfigen „Rat für Innovation und Wachstum“ leiten.

Merkel hätte den jetzigen Siemens-Aufsichtsratsvorsitzenden von Pierer gerne als Wirtschaftsexperten in ihrem Wahlkampfteam gesehen. Doch der stand für ein Ministeramt nicht zur Verfügung. Nach seiner Absage engagierte Merkel den Verfassungsjuristen Paul Kirchhof als Experten für Finanzen und Haushalt in ihrer Mannschaft. Der 64-jährige von Pierer begründete seine Absage damit, dass er als Berater einen besseren Beitrag leisten könne als in einer Regierungsmannschaft. Ihm sei wichtig, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu verzahnen.

Der Innovationsrat soll nach Merkels Vorstellungen vier Mal im Jahr tagen. Dem Gremium sollen zu je einem Drittel Wissenschaftler, Vertreter von Großunternehmen und des Mittelstands angehören. Eine ähnliche Initiative hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Anfang 2004 mit den „Partnern für Innovation“ ins Leben gerufen. Auch diesem Gremium, das im Auftrag der Bundesregierung zukunftsträchtige Wachstumsbranchen identifizieren soll, gehört von Pierer an. Merkel erhofft sich von dem Innovationsrat „Input und Information“ für ihre Politik. Innovationen seien der „Schlüssel zum Wohlstand“.

Von Pierer fordert, „Innovationsbremsen“ in der Bio- und Gentochnologie zu lösen. „Wir müssen einfach mal zur Kenntnis nehmen, was auf diesen Gebieten in der Welt passiert“, sagte er dem „Handelsblatt“. Er sprach sich für eine „Neubewertung der Kernenergie“ aus. Es sei machbar, die Laufzeit der Atomkraftwerke nicht nur von 32 auf 40, sondern – wie in den USA – auf 60 Jahre zu verlängern.

Bei Merkel dürfte CSU-Mitglied von Pierer damit auf offene Ohren stoßen: Im Wahlprogramm kündigt die Union einen weniger restriktiven Umgang mit diesen Themen an. Von Pierer lobte im „Handelsblatt“ Bundeskanzler Schröder dafür, dass er „viele wichtige Dinge“ in der Außenwirtschaftsförderung erreicht habe.

Der Mittelstand fürchtet nach der Nominierung von Pierers eine Bevorzugung von Großkonzernen. Der Präsident des Bundesverbands der Selbständigen, Rolf Kurz, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die Verdienste von Pierers sind unbestritten, doch er repräsentiert die Welt der Konzerne.“ SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler sagte, er nehme von Pierer „die Hinterlassenschaft bei Siemens“ übel. Er habe in seiner Tätigkeit nicht viel Innovation geleistet. „Zehntausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Siemens bangen um ihre Zukunft“, sagte der SPD-Politiker dem Sender n-tv.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU), der in Merkels Wahlkampfteam für die Bereiche Wirtschaft und Arbeit steht, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, in der Berufung von Pierers sehe er kein Misstrauensvotum gegen sich. Er kündigte für den Fall einer Regierungsübernahme ein Hundert-Tage-Programm an – mit Änderungen im Arbeitsrecht und einer Senkung der Arbeitslosenbeiträge auf 4,5 Prozent bereits zum Januar 2006.

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