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SPD-Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, Kurt Beck.

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Update

Vor Bundesrats-Abstimmung: SPD will neuen Anlauf für Hartz IV

Vor der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat zum umstrittenen Hartz-IV-Paket der Bundesregierung will die SPD offenbar in letzter Minute einen weiteren Versuch für eine Einigung unternehmen.

Nach Informationen des Tagesspiegels aus SPD-Parteikreisen wird der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck vor der Bundesratssitzung erneut den Vermittlungsausschuss anrufen. Die SPD-Führung rechnet mit einer Zustimmung.

Zuvor hatte sich nach der Ablehnung der Grünen im Saarland zu einem "Ja" der Reform im Bundesrat eine Niederlage für die schwarz-gelbe Koalition in der Länderkammer abgezeichnet. Die Haltung des von einer schwarz-gelb-grünen Koalition regierten Saarlandes hätte bei der Abstimmung den Ausschlag geben können.

Die Union will dem Vorhaben nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ zustimmen. Damit ließe sich eine Abstimmung in der Länderkammer vermeiden. Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten will zunächst der Bundestag über das umstrittene Regelwerk abstimmen. Hier gilt die Zustimmung als sicher, weil Schwarz-Gelb eine Mehrheit hat. In der Länderkammer fehlt der Koalition dagegen eine Stimme zur Mehrheit. Nach dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ will Beck in der Länderkammer den Antrag stellen, in einer neuen Verhandlungsrunde einen Kompromiss um die Hartz-Regelsätze, ein Bildungspaket für Kinder aus armen Familien, Mindestlöhne und Gleichbezahlung von Leiharbeitern zu suchen. Für die Union sei der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU) in Kontakt mit Beck gewesen, hieß es aus CDU/CSU-Verhandlungskreisen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, warnte Schwarz-Gelb davor, in einem neuerlichen Vermittlungsverfahren die Themen Mindestlohn und Gleichbezahlung von Leiharbeitern auszuklammern. „Die Grundlage für neue Verhandlungen darf sich Kanzlerin Angela Merkel nicht noch einmal von der Veto-Partei FDP diktieren lassen“, sagte Oppermann.

Im ersten Vermittlungsverfahren hatten SPD und Grüne zum Unwillen besonders der FDP durchgesetzt, dass neben den Hartz-Regelsätzen und dem Bildungspaket für Kinder auch über Mindestlohn und Gleichbezahlung verhandelt wird. Zwt: Lindner kritisiert Verhandlungsstrategie der Koalition FDP-Generalsekretär Christian Lindner äußerte unterdessen Kritik an der Verhandlungsstrategie der Koalition. „Wir hätten nicht zulassen dürfen, dass die Opposition so viele unterschiedliche Materien in die Verhandlungen einbringt.“ Vieles von dem, worüber gestritten wurde, habe mit dem Verfassungsgerichtsurteil und mit Hartz IV gar nichts zu tun, sagte Lindner weiter. „Am Schluss haben wir gesprochen über Mindestlöhne und über Aspekte der Gemeindefinanzreform.“ Schleswig-Holsteins FDP-Sozialminister und stellvertretender Ministerpräsident Heiner Garg mahnte derweil einen „mutigen Schritt“ seines Parteivorsitzenden im Streit um die Reform an: „Es wäre ein genialer Schachzug von Guido Westerwelle, wenn er die ritualisierte Verhandlungskonfrontation mit einem mutigen Beitrag zum Konsens aufbrechen würde.“ Dabei würde er es sehr begrüßen, wenn sich die FDP in den Streitfragen zur Lohnuntergrenze und zur gleichen Bezahlung von Stammbelegschaften und Leih- und Zeitarbeitern „weniger dogmatisch als bisher zeigen würde“. Garg hob hervor, dass es sozial- und gesellschaftspolitisch richtig sei, für die Zeitarbeit eine Lohnuntergrenze vorzuschreiben.

Die saarländischen Grünen hatten am Donnerstagabend ihre Ablehnung der Hartz IV-Reformpläne bekräftigt. Der Landesvorstand habe auch die angebotenen Nachbesserungen einstimmig abgelehnt, sagte Landesparteichef Hubert Ulrich nach einer Sondersitzung des Landesparteivorstands in Saarbrücken. Ulrich begründete die Ablehnung mit „ganz starken Bedenken“, dass die Verfassungsmäßigkeit der Hartz IV-Regelsätze nicht gegeben sei. Zudem seien die Angebote zu Mindestlöhnen und bei der Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit im Bereich der Zeitarbeit „nicht weit genug“ gegangenen.

Der Bundeschef der CDU-Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, wies der FDP unterdessen eine Mitverantwortung für das Scheitern der Hartz-IV-Einigungsgespräche zu. Wer wie die FDP eine gleiche Bezahlung für Leiharbeiter erst nach neun Monaten wolle, sei entweder „böswillig oder hat keine Ahnung“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Fraktionschef. Er forderte die FDP auf, „vernünftig“ zu werden.
Nach Auffassung Laumanns hat aber auch die SPD die Gespräche mit immer neuen Forderungen „überfrachtet“. Die SPD habe versucht, die schwarz-gelbe Bundesregierung zu „sozialdemokratisieren“, kritisierte Laumann.
(Weitere Quellen: Lindner in Reutlinger „General-Anzeiger“; Garg in der „Leipziger Volkszeitung“; Oppermann in der „Süddeutschen Zeitung“ (alle Freitagausgaben), Laumann am Donnerstag in Düsseldorf.) (Tsp/dapd)

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