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Migranten an der mexikanischen Grenze zu den USA. Die UN will die weltweite Migration neu regeln. Foto: Omar Martinez/dpa

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Vor CDU-Parteitag: Darauf hat sich die Groko beim UN-Migrationspakt geeinigt

Die CDU will den UN-Migrationspakt neu diskutieren. Dass dabei Fehler gemacht wurden, gestehen Union und SPD inzwischen ein – wenn auch indirekt.

„Mit Hängen und Würgen“ habe man sich geeinigt. Das erzählt der Mitarbeiter eines SPD-Innenpolitikers auf die Frage nach dem neuesten Streit in der großen Koalition. Den haben Union und SPD am Montagnachmittag nach zähem Ringen beigelegt. Das Ergebnis ist ein Entschließungsantrag zum UN-Migrationspakt, den die beiden Fraktionen am Donnerstag gemeinsam in den Bundestag einbringen werden.

Wobei das mit dem „gemeinsam“ so eine Sache ist: Die Sozialdemokraten sehen das Thema ungern auf der Tagesordnung des Parlaments. Ginge es nach der SPD, wäre die Sache längst vom Tisch – und die Kritik an dem UN-Regelwerk bliebe vorwiegend ein Steckenpferd der AfD.

Debatte beim CDU-Parteitag geplant

Doch inzwischen wollen auch einige in der CDU die Debatte um den Pakt noch einmal aufrollen, etwa Gesundheitsminister und CDU-Vorsitzkandidat Jens Spahn. Er hat sich dafür eingesetzt, dass die Christdemokraten das Thema in Hamburg bei ihrem Parteitag in knapp zwei Wochen diskutieren. 500 Mitglieder unterstützen einen entsprechenden Antrag, der auch eine Stellungnahme des Bundestags fordert.

Diesem Wunsch will die Unionsfraktion noch in dieser Woche nachkommen, damit die CDU bei ihrem Parteitag das Thema schnell abräumen kann. Die Sozialdemokraten sehen sich gezwungen, mitzuziehen. „So ist das nun mal in einer Koalition“, sagt einer aus der SPD-Fraktion genervt.

Der Entschließungsantrag spricht deutlich die Sprache der Groko – oft scheinen die Positionen der Union durch, an anderer Stelle lässt sich vermuten, dass die SPD einzelne Formulierungen durchgesetzt hat. Insgesamt lobt das Papier den „Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration“ der Vereinten Nationen. Der sei ein „wichtiger humanitärer Schritt“ – und ein Beitrag dazu, „Migration stärker zu ordnen, zu steuern und zu begrenzen“.

Die Entscheidungen trifft der Bundestag

Kritik an dem Regelwerk weist die Groko zurück. Die zentrale Botschaft lautet: „Die nationale Souveränität steht nicht zur Disposition.“ Auch nach der geplanten Unterzeichnung des UN-Regelwerks im marokkanischen Marrakesch in zwei Wochen werde die Bundesrepublik eigenständig über ihre Migrationspolitik entscheiden, heißt es.

Der UN-Pakt „entfaltet keinerlei rechtsändernde oder rechtssetzende Wirkung“. Auch weiterhin stehe fest, dass der Bundestag selbst „Entscheidungen zur Migration trifft“. Es werde gewährleistet, dass durch den Migrationspakt „keinerlei deutsche Regelungen eingeschränkt oder ausgeweitet werden“.

Die Groko greift damit Thesen der Rechtspopulisten auf – und versucht, diese zu entkräften. Die US-Regierung etwa will den UN-Vertrag genau aus diesem Grund nicht unterzeichnen: Weil er die staatliche Souveränität ihres Landes einschränke, wie die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, behauptet – obwohl der Migrationspakt die Eigenständigkeit der UN-Mitgliedsstaaten ausdrücklich betont.

Das Asylrecht bleibt unangetastet

Ähnlich wie Haley formuliert es eine Online-Petition beim Bundestag, die von der AfD unterstützt wird und bislang von mehr als 86.000 Menschen unterzeichnet wurde: Der UN-Pakt sei „ein Verlust deutscher Souveränität in der Einwanderungspolitik“ und verwische die „Unterschiede zwischen legaler und illegaler Migration“.

Auch das will die Groko in ihrem Entschließungsantrag richtigstellen. „Zwischen legaler und illegaler Migration sowie zwischen Erwerbsmigration und Asyl ist klar zu unterscheiden“, heißt es in dem Papier. Das Asylrecht werde nicht angetastet.

„Eine gut gesteuerte, geordnete legale Migration ist gut für unser Land“, heißt es an anderer Stelle. Hier scheint sich die SPD durchgesetzt zu haben. Der Bundestag werde „zeitnah das Fachkräftezuwanderungsgesetz auf den Weg bringen“, gibt das Dokument eine Kernforderung der Sozialdemokraten wieder.

"Faire Verteilung" der Migranten

Die Groko betont in dem Entschließungsantrag eine Reihe an Zielen des UN-Migrationspakts, die auch die Bundesregierung verfolgt: von der „Schaffung von Perspektiven in den Herkunftsländern“ über strengere Grenzkontrollen und eine Bekämpfung des Schmugglerwesens bis hin zu einer besseren sozialen Versorgung von Migranten. Vor allem Letzteres solle auch in anderen Ländern gelten, heißt es – damit von dort weniger Menschen nach Deutschland fliehen. Die Bundesrepublik „übernimmt bei der Migration deutlich mehr Verantwortung als andere Länder“, heißt es in dem Antrag. „Das wollen wir ändern – unter anderem durch eine faire Verteilung“.

Insgesamt bewertet die Groko den UN-Migrationspakt als historischen Erfolg: „Erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen hat sich die überwältigende Mehrheit der Staaten auf gemeinsame Ziele bei der Gestaltung von Migration geeinigt.“

Dass bei den Verhandlungen des Pakts dennoch nicht alles prima gelaufen ist, gestehen Union und SPD aber ebenfalls ein – wenn auch indirekt. In den vergangenen Wochen wurde immer wieder der Vorwurf laut, die Bundesregierung habe die Öffentlichkeit zu wenig über den Migrationspakt sowie den ebenfalls von der UN geplanten „Globalen Pakt für Flüchtlinge“ aufgeklärt.

Das soll sich nach dem Willen der Groko-Fraktionen offenbar nicht wiederholen. Der Entschließungsantrag endet mit der Forderung an die Bundesregierung, in Zukunft „die Öffentlichkeit und den deutschen Bundestag über die Ziele des Globalen Paktes für Flüchtlinge zu informieren“.

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