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Bei den Grünen ist die Nervosität vor dem Bundesparteitag im November groß

© dpa

Vor dem Parteitag: Grünen-Politiker fordern Ende der Nabelschau

Vor dem Bundesparteitag der Grünen Ende November knirscht es ordentlich in der Partei. Prominente Politiker aus Bund und Ländern fordern jetzt, dass endlich Schluss sein soll mit "Nabelschau" und "gegenseitigen Ermahnungen". In einem Antrag plädieren sie für einen gemeinsamen "grünen Aufbruch".

Ein Jahr nach der Bundestagswahl ist die Nervosität bei den Grünen groß. In Teilen der Partei gibt es offenbar die Befürchtung, dass es auf dem kommenden Parteitag in Hamburg zu unerwünschten Abrechnungen kommen könnte. In einem gemeinsamen Antrag werben nun namhafte Politiker aus beiden Flügeln dafür, wieder geschlossen aufzutreten. "Wir brauchen keine Nabelschau, keine gegenseitigen Ermahnungen. Deshalb geht es für uns nicht um den Blick zurück, sondern um den Blick nach vorne", heißt es in dem Papier.

Zuletzt hatte ein Antrag des hessischen Grünen-Fraktionschefs Mathias Wagner für Aufregung gesorgt, der auch von Vizeregierungschef Tarek Al Wazir unterstützt wurde. Wagners Plädoyer für mehr grüne Eigenständigkeit war in der Parteispitze als Angriff aus den grün-regierten Länder auf die Bundespartei aufgefasst worden. Schon der Titel "Die Leitlinien der Grünen für eine Regierungsbeteiligung 2017" erschien manch einem als Provokation - nach dem Motto: Wir Grünen aus den Ländern wissen besser als die im Bund, wie man ordentlich regiert.

Namhafte Grünen-Politiker fordern ihre Partei auf, sich "frei vom Lagerdenken" zu machen

Unter dem Titel "Grüner Aufbruch 2017" haben nun die fünf Bundestags-Vizefraktionsvorsitzenden Konstantin von Notz, Katja Dörner, Kerstin Andreae, Oliver Krischer und Frithjof Schmidt gemeinsam mit Parteirats-Mitglied Malte Spitz eine Alternative zu dem Papier aus Hessen formuliert. "Wir brauchen keine Profilierung gegeneinander, sondern inhaltlich spannende und gern auch streitige Diskussionen. Und wir sollten wieder stärker betonen, was uns verbindet", sagt der stellvertretende Fraktionschef von Notz zur Begründung. "Wir müssen uns frei machen vom Lagerdenken", ermahnt er seine Parteifreunde.

Wenn Grüne in Bund, Ländern und Kommunen sich gegeneinander stellen, so der Tenor des Papiers, dann schade das am Ende allen. "Profilierungsaktionen, seien sie nun flügelarithmetisch, Land gegen Bund oder offen persönlich motiviert, helfen genauso wenig wie eine Verklärung der Vergangenheit", heißt es dort. Auf allen Ebenen der Partei müsse "vertrauensvoll" zusammengearbeitet werden. Denn öffentliche "Ratschläge oder Belehrungen, wer wie zu arbeiten hat", schadeten dem Gesamtinteresse und nutzten dem politischen Gegner.

Zu den Unterzeichnern des Papiers gehört auch der umstrittene Ex-Fraktionschef Jürgen Trittin

Interessant ist, wer den Antrag bisher unterschrieben hat: Zu den Unterstützern gehören der Ober-Realo und Landwirtschaftsminister aus Baden-Württemberg, Alexander Bonde, ebenso wie die Parteilinke und Ex-Vorsitzende Claudia Roth. Bundesgeschäftsführer Michael Kellner hat unterzeichnet, aber auch die stellvertretende Ministerpräsidentin aus NRW, Sylvia Löhrmann, sowie etliche Landesvorsitzende. Selbst der frühere Fraktionschef und Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl, Jürgen Trittin, und der frisch gewählte Oberbürgermeister aus Tübingen, Boris Palmer, haben sich dem Appell angeschlossen. Letzteres ist insofern bemerkenswert, als Palmer Trittin erst vor kurzem in einem Interview riet, sich aus der Bundespolitik zurückzuziehen, nachdem dieser mit dem Vergleich für Aufregung gesorgt hatte, Baden-Württemberg sei das grüne "Waziristan".

Noch werden weitere Unterschriften gesammelt. Aber offenbar haben die Autoren mit ihrem Ton einen Nerv getroffen. Ob das Friedenssignal wirkt oder es auf dem Parteitag in gut drei Wochen doch zur Abrechnung kommt, wird sich zeigen.

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