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Der Geschäftsführer der Piraten, Johannes Ponader (r.), und der Vorsitzende Bernd Schloemer im Jahrhunderthaus der IG Metall in Bochum.

© dapd

Vor dem Parteitag: Piratenpartei zwischen kollegial und skurril

In den vergangenen Wochen sind die Piraten vor allem durch ihre internen Querelen aufgefallen. Von inhaltlicher Arbeit keine Spur. Das soll sich nun auf dem Bundesparteitag ändern, der Samstag in Bochum beginnt. Zuvor traten aber wieder alte Konflikt zu Tage.

Es war Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piraten, der am Freitagabend ein Problem seiner Partei auf den Punkt brachte: „Wenn dir die Scheiße um den Kopf weht, ist der Kopf nicht mehr frei“, sagte er mit Blick auf die so genannten Shitstorms, mit denen sich die Piraten immer wieder selbst lahmlegen. Am Samstag und Sonntag treffen sie sich Piraten in Bochum zu einem Bundesparteitag, bei dem es endlich einmal um politische Inhalte gehen soll, nachdem in den vergangenen Monaten interne Querelen den im Frühjahr gewählten Bundesvorstand nahezu lahmgelegt hatten. 

Das sah man  auch daran, dass die Basis Gesprächsbedarf angemeldet hatte: Vor dem offiziellen Beginn des Parteitags trafen sich am Freitagabend Bundesvorstand und Basis. Und die Piraten konnten mit dem Verlauf des Abends zufrieden sein: Weit überwiegend sachlich diskutierten rund 250 Parteimitglieder mit allerdings nur vier der aktuell acht Mitglieder des Bundesvorstands - was manche ärgerte. Den anwesenden Vorstandsmitgliedern blieb nur, um Verständnis für das Fernbleiben beispielsweise des Vizevorsitzenden Sebastian Nerz „aus familiären Gründen“ zu bitten. Nicht jeden überzeugte das. „Dass ausgerechnet der bei dieser Aussprache fehlt, da frage ich mich schon, was da los ist“, merkte ein Basispirat an.

Bei der Aussprache wurde noch einmal klar, vor welchen Problemen die Piraten stehen - etwa dem ständigen Schwund an Spitzenpersonal. Als eine seiner „Hauptaufgaben“ bezeichnete es Parteichef Schlömer, weitere Rücktritte aus dem Bundesvorstand zu verhindern - ganz als sei dies das übliche Geschäft eines Vorsitzenden. Zwei Mitglieder des Vorstands warfen jüngst entnervt hin, mehr sollen es nicht werden. Schlömer sprach sich dafür aus, nicht nur auf Themen, sondern auch auf Köpfe zu setzen, eine an der Basis umstrittene Strategie. Und er wies auf die Gefahr hin, dass einzelne Piraten im Bundestag von anderen Parteien als Mehrheitsbeschaffer abgeworben werden könnten, weil sich die Piraten keinem Fraktionszwang unterwerfen wollen. Deutlich wurde auch, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Schlömer und dem umstrittenen Geschäftsführer Ponader war: Die Situation sei „geprägt von Misstrauen“ gewesen, man habe zu viel mit Dritten, auch mit der Presse, übereinander gesprochen, sagte Schlömer. Er beteuerte aber auch, nach einer Aussprache habe man nun ein stabiles kollegiales Arbeitsverhältnis. Aus der Basis kamen zwar kritische Fragen an Schlömer und Ponader - eine indirekte Rücktrittsforderung erhob aber nur einer der Diskutanten. Gefragt wurde auch nach möglichen Bundestagsambitionen der Spitzenpiraten: Dass Schlömer diese nicht hat, war schon bekannt, Ponader sagte, in seinem Berliner Landesverband eventuell für einen mittleren Listenplatz kandidieren zu wollen.

Welche Themen auf dem Parteitag überhaupt diskutiert werden, ist noch offen. Denn die Tagesordnung wird von den Mitgliedern ausgewählt und nicht von der Parteiführung vorgegeben. Diese hat vier Vorschläge gemacht, aber es gibt weitere von der Basis, so dass schon diese Verfahrensfrage eine lange Diskussionszeit in Anspruch nehmen könnte. Rund 650 Anträge hat es im Vorfeld gegeben, maximal 80 können aus Zeitgründen diskutiert werden. Die Wirtschaftspolitik dürfte breiten Raum einnehmen, ein brisantes Thema könnte die Außen- und Sicherheitspolitik sein, da es hierzu viele Anträge gibt und auch eine kontroverse Diskussion zum aktuellen Geschehen im Nahen Osten denkbar ist.

Daneben gibt es im 1400 Seiten starken Antragsbuch einige Skurrilitäten, etwa die Forderung nach einer friedlichen, nachhaltigen und schonenden Besiedelung des Mars. Allerdings bilden diese etwas außergewöhnlichen Anträge die Ausnahme, die restlichen decken eine breite Themenpalette ab.

Gute Nachrichten für die Piraten kamen vor Beginn des Parteitags aus Niedersachsen: Am Freitag entschied der dortige Landeswahlausschuss, dass die Partei an der Landtagswahl Ende Januar teilnehmen darf. Wegen Holprigkeiten bei der Listenaufstellung hatte das zuletzt in Frage gestanden. Allerdings: In Umfragen liegen die Piraten in Niedersachsen im Moment nur bei drei Prozent und würden so den Einzug ins Parlament verpassen.

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