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Politik: Vor den Präsidiums-Wahlen fordert die "Union progressiver Juden" eine Beteiligung an Kirchensteuer und Staatszuschüssen

Wenige Tage bevor der Zentralrat der Juden in Deutschland einen neuen Präsidenten wählt, meldet eine Konkurrenzorganisation ihre Ansprüche an. Die Union der progressiven Juden in Deutschland hat die Vizepräsidenten des Zentralrats jetzt schriftlich aufgefordert, über eine finanzielle Beteiligung der Union an staatlichen Zuschüssen für jüdische Gemeinden zu verhandeln.

Wenige Tage bevor der Zentralrat der Juden in Deutschland einen neuen Präsidenten wählt, meldet eine Konkurrenzorganisation ihre Ansprüche an. Die Union der progressiven Juden in Deutschland hat die Vizepräsidenten des Zentralrats jetzt schriftlich aufgefordert, über eine finanzielle Beteiligung der Union an staatlichen Zuschüssen für jüdische Gemeinden zu verhandeln. Dies sagte der Vorsitzende der Union der progressiven Juden, Jan Mühlstein, am Dienstag dem Tagesspiegel.

Nur wenn der Zentralrat auch Gemeinden, die in der Union organisiert seien, Fördermittel für die Zuwanderer-Integration oder für Jugendprogramme zukommen lasse, werde er seinem "verbalen Bekenntnis zur Pluralität" gerecht, sagt Mühlstein. Das Schreiben richtete er an die Vizepräsidenten des Zentralrats, Paul Spiegel und Charlotte Knobloch, die beide Präsidentschafts-Kandidaten sind. Die Ansprüche der Union begründet Mühlstein unter anderem damit, dass auch liberale Juden, die nicht Mitglieder der Einheitsgemeinden sind, Kirchensteuer zahlen. Diese Abgaben flössen aber allein den Einheitsgemeinden zu.

Die Union progressiver Juden in Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde 1997 als Arbeitsgemeinschaft liberaler jüdischer Gemeinden gegründet. Bislang sind zwölf deutschsprachige Gemeinden mit insgesamt etwa 1000 Migliedern in der Union organisiert. Die Gemeinden in München, Hannover und Wien gehören mit jeweils etwa 150 Mitgliedern zu den größten. Die Union betrachte sich als "rein religiöse Vereinigung" und keinesfalls als Konkurrenz zur politischen Organisation des Zentralrats, sagt der Unionsvorsitzende Mühlstein. Zu den religiösen Zielen der Union gehört es, liberal denkenden Juden eigene Gottesdienste als Alternative zu den in Deutschland meist orthodoxen Synagogen anzubieten. Die Liturgie wird sowohl in Hebräisch als auch in der Landessprache gehalten, instrumentale Musik ist zugelassen. Männer und Frauen sind in allen religiösen Angelegeheiten gleichberechtigt, Frauen werden zum Rabbineramt zugelassen. Schließlich wird auch die Konversion zum Judentum erleichtert. Der prominenteste Konvertierte der Union ist ihr stellvertretender Vorsitzender Walter Homolka, der als Jugendlicher zum Judentum übertrat, Judaistik studierte und Rabbiner wurde.

Präsidentschafts-Kandidat Paul Spiegel vom Zentralrat hatte Ende Dezember in einem Tagesspiegel-Interview über Homolka gesagt, dieser werde vom Zentralrat "nicht als Jude betrachtet" und sei deshalb auch kein Gesprächspartner. Der Vorsitzende der progressiven Union, Mühlstein, wirft Spiegel nun vor, "die Auseinandersetzung zwischen Union und Zentralrat zu personalisieren". Die Ansprüche der Union könnten nicht mit Vorbehalten gegen deren stellvertretenden Vorsitzenden abgetan werden. Ansonsten könnten auch keine Zweifel an Homolkas Judentum bestehen. Der Zentralrat war gestern nicht zu einer aktuellen Stellungnahme zu erreichen.

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