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Politik: Vor der Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts wirbt die Regierung um Sympathie für die leichtere Einbürgerung

Am Montag startete die Bundesregierung eine Werbekampagne für die Neuregelung im Staatsbürgerschaftsrecht. Das neue Recht wurde im Mai gegen den Widerstand der CDU/CSU verabschiedet und tritt am 1.

Am Montag startete die Bundesregierung eine Werbekampagne für die Neuregelung im Staatsbürgerschaftsrecht. Das neue Recht wurde im Mai gegen den Widerstand der CDU/CSU verabschiedet und tritt am 1. Januar 2000 in Kraft. "Die Schlacht um den Doppelpass ist geschlagen", sagte die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne), die die Kampagne am Montag in Berlin vorstellte.

"Es kann einer Demokratie nicht gut tun, wenn ein großer Teil der Bevölkerung von Demokratie und demokratischen Rechten ausgeschlossen wird", betonte sie.

Die Bundesregierung will in den kommenden Wochen in 25 Großstädten mit 3000 Großplakaten, Anzeigen in Tageszeitungen und Broschüren über die Reformen informieren. Die Plakate zeigen unter anderem einen türkischen Jungen mit dem Slogan "Ich bin ein Berliner". Auch bei der deutschen Bevölkerung soll damit für die Neuregelung geworben werden. Die Informationskampagne kostet den Angaben zufolge 1,5 Millionen Mark.

Das neue Staatsbürgerschaftsrecht ist eines der wichtigsten Vorhaben der rot-grünen Bundesregierung. Es erleichtert die Einbürgerung von Ausländern und weicht bei Neugeborenen vom bisherigen "Recht des Blutes" ab. Nach dem neuen "Geburtsrecht" werden Kinder ausländischer Eltern unter bestimmten Voraussetzungen bei der Geburt automatisch auch Deutsche. Bis zu ihrem 23. Lebensjahr müssen sie sich für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. Für die etwa 700 000 ausländischen Kinder im Alter bis zu zehn Jahren gilt eine Übergangsregelung. Bis Ende 2000 kann für sie ein Einbürgerungsantrag gestellt werden. Die Wartezeiten für Einbürgerungsanträge aller anderen Ausländer werden von 15 auf acht Jahre abgesenkt. "Wir wünschen uns, dass möglichst viele diesen Schritt tun und deutsche Staatsbürger werden", sagte Beck.

Im nächsten Jahr könnten rund eine Million dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer einen deutschen Pass erhalten, so Beck. Derzeit werden jährlich etwa 300 000 eingebürgert. Von den 100 000 Kindern ausländischer Eltern, die jährlich in Deutschland geboren werden, könnte ein Großteil künftig mit einem deutschen Pass aufwachsen, sagte die Beauftragte. Von den 7,3 Millionen Ausländern in Deutschland wohne jeder zweite schon mehr als acht Jahre hier und erfülle damit die Voraussetzungen für die deutsche Staatsangehörigkeit, fügte die Beauftragte hinzu. Die meisten kommen aus den EU-Staaten, der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien. Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung liegt in Deutschland bei neun Prozent. Fast 22 Prozent der hier lebenden Ausländer sind in Deutschland geboren. Mehr als 70 Prozent der Ausländer leben in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. In den neuen Bundesländern liegt der Anteil nach Angaben der Ausländerbeauftragten unter zwei Prozent.

Hinsichtlich der Differenzen über die Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeitsrecht mahnte Beck, die Absicht des Gesetzgebers dürfe nicht durch bürokratische Hindernisse unterlaufen werden. Notwendig sei ein großzügiges Einbürgerungsverfahren, sagte die Ausländerbeauftragte an die Adresse der Länder. Bund und Länder verhandeln derzeit über Einzelheiten der Verwaltungsvorschriften. Es ist offen, ob diese Regelungen rechtzeitig den Bundesrat passieren. Strittige Punkte sind neben der Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit für die Ermessenseinbürgerung von acht auf sechs Jahre auch die praktische Umsetzung der im Gesetz geforderten Sprachkenntnisse sowie der Verfassungstreue. Eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei jedem Einbürgerungsantrag wird von der Regierung abgelehnt.

hr

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