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Angst vor Anschlägen: Polizisten vor dem Stade de France in Paris.

© LAURENT DUBRULE/dpa

Vor der EM in Frankreich: Turnier mit Hindernissen

Die Streiks und die Terrorgefahr verunsichern zehn Tage vor Beginn der Europameisterschaft die Fußballfans. Droht das Turnier abgebrochen oder verlegt zu werden?

Große Sportturniere sind eigentlich Volksfeste für eine ganze Nation. An die heitere Stimmung bei der Fußball-Weltmeisterschaft vor zehn Jahren erinnert man sich in Deutschland heute noch gerne. Weniger als zwei Wochen vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft am 10. Juni deutet in Frankreich jedoch wenig auf sorgenfreie Feierlichkeiten hin. Zu der Angst vor Terroranschlägen sind die Streiks der Gewerkschaften gekommen, die drohen, das gesamte Land lahmzulegen.

„Wir haben beschlossen, an jedem Spieltag in den jeweiligen Austragungsorten zum Streik aufzurufen“, kündigte einer der größten Arbeiterbünde, die Force Ouvrier, an. Busse und Bahnen könnten die Fans nicht mehr ins Stadion fahren, wer mit dem Auto anreist, könnte die Tankstellen geschlossen vorfinden.

Große Sportturniere bieten eben auch eine weltweit beachtete Bühne für Proteste. 2014 gab es vor Beginn der Fußball-WM in Brasilien Streiks und Straßenschlachten, die nach Anpfiff der Spiele aber abnahmen. Die Fußballleidenschaft in der Bevölkerung war dann doch größer, zum Teil wurden die Proteste aber auch resolut unterdrückt.

„Bis zur EM hat sich eine Lösung gefunden“, sagte Frank Baasner, Direktor des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg, „heute.de“. Die streikenden Gewerkschaften seien zu klein und radikal, um das Land lahmzulegen. „Bei der EM geht es eher um die wirklich ernste Sicherheitsfrage“, ist sich der Experte sicher.

Das soziale Klima sei keine Bedrohung für die EM, versicherte auch Innenminister Bernard Cazeneuve. Gleichzeitig stellte er ein umfangreiches Sicherheitskonzept mit mehr als 90.000 Polizisten, Rettungskräften und privaten Sicherheitsleuten vor. Ein global übertragenes Fußballturnier bietet eben auch eine Bühne für Terroristen und Hooligans. Jedes EM-Team, auch das deutsche, bekommt mindestens zwei Elite-Polizisten an die Seite gestellt und nimmt eine Delegation aus acht Polizisten aus der Heimat mit, die Gefährder erkennen soll.

Beim französischen Pokalfinale vor gut einer Woche schmuggelten etwa Fans Rauchbomben ins Pariser Stade de France, das schon im November Ziel von Attentätern war. Die Behörden haben den Ausnahmezustand um zwei Monate bis Ende Juli verlängert und führen auch während der EM weiter Grenzkontrollen durch. Das Turnier dauert vier Wochen bis 10. Juli.

Eine Verlegung ist organisatorisch nicht machbar

In den Stadien selbst und in den Mannschaftshotels ist der Veranstalter, der europäische Fußball-Verband Uefa, für die Sicherheit zuständig. Mehr als 10.000 Sicherheitskräfte, 900 pro Spiel, seien im Einsatz, teilte die Uefa auf Anfrage mit, das sei ein Drittel mehr als sonst.

Eine kurzfristige Verlegung des Turniers scheint ausgeschlossen, ist in der Fußballgeschichte so auch noch nicht vorgekommen. Kein Land wäre organisatorisch und sicherheitstechnisch vorbereitet, das Mammutturnier mit nun 24 Mannschaften und hunderttausenden Fans spontan auszurichten, auch Deutschland nicht.

Was aber zumindest möglich scheint, wären einzelne Spiele mit weniger Zuschauern oder ganz ohne Fans, wie ein Uefa-Vizepräsident vor zwei Monaten angedeutet hatte. „Es gibt keine Pläne, Spiele hinter verschlossenen Türen abzuhalten“, teilte die Uefa mit. „Nichtsdestotrotz arbeiten wir an Notfallplänen und multiplen Szenarien, weil wir die Sicherheit aller Teilnehmer sehr ernst nehmen.“

Einem Abbruch des Turniers müssten sehr massive Vorkommnisse vorausgehen, schließlich soll der Sport ja auch als Symbol der westlichen Lebensweise gelten, die sich durch Angst nicht ändere. Selbst, als 1972 bei einer Geiselnahme im Olympischen Dorf in München insgesamt 17 Menschen ums Leben kamen oder 1996, als in Atlanta bei einem Bombenanschlag zwei Menschen starben und 111 Personen verletzt wurden, gingen die Sommerspiele weiter. Von heiteren Volksfesten konnte danach jedoch keine Rede mehr sein.

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