zum Hauptinhalt
Anschlag Irak

© dpa

Vor der Wahl: Mehr als 140 Tote bei Anschlägen in Bagdad

Ein verheerender Doppelanschlag in Bagdad mit über 140 Toten hat den Druck auf Iraks Parlament und Regierung stark erhöht, rasch einen Kompromiss für das kontroverse neue Wahlgesetz zu finden, um die fragile Situation im Lande nicht weiter zu destabilisieren.

Wie die Behörden mitteilten, zündete ein Attentäter am Morgen während des Berufsverkehrs eine Lastwagen-Bombe in der Nähe des Justizministeriums. Der zweite Terrorist sprengte sich wenige Minuten später mit seinem Fahrzeug neben dem Gebäude der Provinzregierung in die Luft. Nach Angaben von Krankenhäusern in der Umgebung wurden mindestens 700 Menschen verletzt. Bei einer ähnlich schweren Terroraktion in der irakischen Hauptstadt am 19. August hatten Selbstmordattentäter - offenbar von korrupten Sicherheitskräften an Straßensperren durchgelassen - zwei auf Lastwagen versteckte Sprengsätze vor dem Finanz- und Außenministerium gezündet und 95 Menschen in den Tod gerissen. Die Regierung in Bagdad macht Mitglieder von Al Qaida sowie sunnitische Anhänger von Saddam Hussein für die Mordtaten verantwortlich. Sie wirft vor allem dem Nachbarland Syrien vor, Al Qaida Kämpfer nach wie vor über die Grenze zu lassen und Drahtziehern der alten Baath-Partei Unterschlupf zu gewähren.

Die Europäische Union und die USA verurteilten das Verbrechen. „Die Anschläge haben einzig zum Ziel, unschuldige Männer, Frauen und Kinder zu töten“, sagte US-Präsident Barack Obama. Die Taten offenbarten die „hasserfüllte und zerstörerische Agenda” von Leuten, die dem irakischen Volk seine verdiente Zukunft vorenthalten wollten.

Das schwer beschädigte Justizministerium stand mehrere Stunden in Flammen, zahlreiche Menschen waren im Inneren des Gebäudes offenbar von umher fliegenden Trümmern und einstürzenden Mauern erschlagen worden. Die Feuerwehr suchte in den ausgebrannten oberen Stockwerken nach weiteren Opfern. Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der gerade von einem Besuch in Washington nach Bagdad zurückgekehrt war, kam zu beiden Anschlagsorten und sprach mit Einsatzkräften sowie Überlebenden.

Am Nachmittag wollte sich der Politische Rat für Nationale Sicherheit treffen, dem neben Maliki auch Präsident Jalal Talabani und alle Parteivorsitzenden angehören. Das höchste Gremium des Landes sollte über einen Kompromiss für das umstrittene Wahlgesetz 2010 verhandeln, nachdem das Parlament nach wochenlangen Debatten zu keiner Einigung gekommen war. Bis zum Abend war jedoch unklar, ob die irakischen Spitzenpolitiker tatsächlich wie geplant zusammengekommen sind. Die zweite nationale Parlamentswahl nach 2005 ist bislang für den 16. Januar 2010 terminiert. Bis dahin wollen die Vereinigten Staaten ihre Truppen auf einer Stärke von 100.000 Mann halten, um einen möglichst friedlichen Verlauf der landesweiten Abstimmung zu garantieren.

Sollte sich das Gesetz weiter verzögern und müsste der Wahltermin verschoben werden, würde das nach Ansicht von Regierungschef al-Maliki die Legitimität von Regierung und Parlament beschädigen. „Dann kehren wir zum Ausgangspunkt zurück und die ganze religiöse und ethnische Gewalt beginnt wieder von vorne“, sagte er in einer Rede. Gleichzeitig käme der Abzugsplan der US-Truppen ins Rutschen. US-Präsident Barack Obama will bis August 2010 alle Kampftruppen aus dem Irak zurückholen, bis Ende 2011 sollen noch 50.000 Soldaten stationiert bleiben, die als Berater oder Ausbilder arbeiten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false