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Vor Karlsruhe-Entscheidung: FDP will den Soli abschaffen

Aus der FDP kommt die Forderung, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen – noch ehe Karlsruhe entscheidet.

Von Matthias Schlegel

„Mit Solidarität hat der Solidaritätszuschlag nichts zu tun.“ Für den FDP-Finanzexperten im Bundestag Frank Schäffler steht deshalb fest: Diese Ergänzungsabgabe, die seit 1995 von den Bürgern in Ost wie West gezahlt wird und allein den Steueretat des Bundes bereichert, gehört genauso abgeschafft wie die Sektsteuer, die 1902 zur Finanzierung der kaiserlichen Flotte eingeführt wurde.

Man könnte den Vorstoß des Liberalen als Sommerlochthema abtun, stünde da nicht bald eine höchstrichterliche Entscheidung an. Sie könnte nach den Urteilen zur Pendlerpauschale im Dezember 2008 und jüngst zur steuerlichen Absetzbarkeit des Arbeitszimmers den Einnahmegelüsten des Staates ein weiteres Mal deutliche Grenzen setzen. Das Bundesverfassungsgericht muss demnächst über die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages entscheiden. Denn im November vergangenen Jahres hatte das niedersächsische Finanzgericht die Auffassung vertreten, der Soli sei verfassungswidrig, weil er im Sinne des Grundgesetzes als eine Ergänzungsabgabe eigentlich nur in „Ausnahmelagen“ beziehungsweise in „besonderen Notfällen“ erhoben werden darf. Der Solizuschlag sei aber zu einer Dauersteuer geworden. Und das, obwohl die Einkommen- und Körperschaftssteuertarife, an die er gebunden ist, seit 1995 mehrfach gesenkt worden seien. Zudem begründe die Wiedervereinigung keinen nur vorübergehenden, sondern einen langfristigen Finanzierungsbedarf. Das niedersächsische Finanzgericht rief das Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung an.

Damit die Bundesregierung nicht eine neuerliche gerichtliche Schlappe einstecken müsse, solle sie vorher flugs den Soli abschaffen, fordert Schäffler. Er beruft sich dabei auf die Beschlusslage der FDP. Dort wird diese Maßnahme zwar in die geforderte große Steuerreform eingebettet. Doch weil dafür eine derzeit nicht absehbare Bundesratsmehrheit notwendig wäre, solle die Abschaffung des Soli vorgezogen werden – dafür braucht es nur eine Bundestagsmehrheit, argumentiert der Liberale.

Doch diese zustande zu bringen, dürfte derzeit unmöglich sein. Immerhin geht es um Einnahmeverluste von knapp zwölf Milliarden Euro – so viel brachte der Soli im Jahr 2009 ein. Der Solidaritätszuschlag sei durch den Koalitionsvertrag gedeckt, insofern sei eine solche Diskussion „müßig“, sagt denn auch der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Leo Dautzenberg. Das Sparpaket habe „fiskalpolitisch höchste Priorität“. Es sei deshalb „abwegig, über die Abschaffung des Soli zu diskutieren“. Und wie Karlsruhe entscheiden werde, sei reine Spekulation, an der sich Dautzenberg nicht beteiligen will.

Man wird bald Genaueres wissen. Denn Karlsruhe könnte schon aktiv werden, kaum dass der politische Betrieb nach der Sommerpause wieder richtig losgegangen ist. Grundsätzlich sei geplant, auf jeden Fall noch in diesem Jahr über den Solidaritätszuschlag zu entscheiden, sagte eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts. Aber weil die Berichterstatterin in diesem Verfahren, die Richterin des Zweiten Senats Lerke Osterlohe, im September aus dem Gericht ausscheidet, könnte es auch sein, dass schon in wenigen Wochen verhandelt wird.

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