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Einen offenen Streit will Angela Merkel am CDU-Parteitag vermeiden. Sie kommt ihren Kritikern entgegen und will über deren "Sorgen" sprechen.

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Update

Vor Parteitag am Montag: CDU-Spitze findet Kompromiss bei Flüchtlingspolitik

Angela Merkel und ihre Kritiker haben sich auf Worte wie "reduzieren" und "verringern" geeinigt. Der Begriff "Obergrenze" kommt im Leitantrag zum Bundesparteitag nicht vor.

Der CDU-Bundesvorstand hat den Leitantrag zur Flüchtlingspolitik am Sonntagabend verschärft, ohne allerdings eine von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgelehnte Obergrenze für Flüchtlinge aufzunehmen. Nach Angaben von Teilnehmern einigte sich das Führungsgremium darauf, nun sowohl die mögliche Überforderung Deutschlands als auch intensivere Grenzkontrollen zu betonen. "Wir sind entschlossen, den Zuzug von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch wirksame Maßnahmen spürbar zu verringern", lautet eine Formulierung nach Angaben von Teilnehmern nun. "Denn ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft, auch in einem Land wie Deutschland, auf Dauer überfordern." Der CDU-Parteitag soll am Montag über den Leitantrag zur Flüchtlingspolitik beraten und abstimmen.

Angela Merkel zufrieden - ihre Kritiker auch

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zufrieden mit dem gefundenen Kompromiss im parteiinternen Flüchtlingsstreit gezeigt. „Wir haben einen Kurs gefunden, der dem entspricht, was mein Ansatz ist“, sagte die CDU-Vorsitzende am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Gleichzeitig habe man die Sorgen der Menschen aufgenommen und deutlich gemacht, dass man den Flüchtlingszuzug spürbar reduzieren wolle. „Das Wort „begrenzen“ kommt nicht vor. Es geht um „verringern“ oder „reduzieren““, sagte Merkel mit Blick auf die Kompromissformel. Gefragt, ob sie beim Bundesparteitag in Karlsruhe mit einer Abrechnung ihrer Flüchtlingspolitik rechne, antwortete sie: „Das erwarte ich nicht.“

Die Junge Union zog ihren Antrag an den CDU-Parteitag in Karlsruhe zu einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland zurück. JU-Chef Paul Ziemiak sagte: „Das Zeichen, dass unsere Möglichkeiten endlich sind, haben wir erreicht.“ Damit werde auf dem Parteitag über das Papier des Vorstands diskutiert „und nicht mehr über andere Anträge, die das gleiche beinhalten“. Die JU hatte einen eigenen Antrag eingebracht, in dem eine Obergrenze für die Zahl der Flüchtlinge gefordert wird. Merkel lehnt dies strikt ab. Der Vorsitzende des Unions-Mittelstands (MIT), Carsten Linnemann (CDU), sprach von einem Signal der Begrenzung. „Es wird gesagt, wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, ist Deutschland überfordert.“ Dies sei auch ein Signal an die anderen europäischen Länder, sich nicht der Verantwortung zu entziehen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der ebenfalls eine Obergrenze verlangt hatte, sprach von einem sehr guten Kompromiss. Er bilde ab, dass Deutschland „eine Aufnahmegrenze“ habe.

CDU-Generalsekretär Tauber rechnet mit breiter Zustimmung für Leitantrag

CDU-Generalsekretär Peter Tauber rechnet nach dem Kompromiss zur Flüchtlingskrise mit einer breiten Mehrheit für den Kurs der Führung auf dem CDU-Parteitag. Nach den Beratungen der CDU-Gremien machte er am Sonntagabend klar, dass er mit einem besseren Ergebnis als einer Dreiviertelmehrheit für das Papier rechne. „Christdemokraten sollten sich nicht an den Sozis orientieren. Das ist nicht unsere Flughöhe“, sagte Tauber auf die Frage, ob eine Mehrheit von 74,3 Prozent ausreichend sei, wie sie SPD-Chef Sigmar Gabriel bei seiner Wiederwahl erhalten hatte. Tauber verteidigte den umstrittenen Satz von Kanzlerin Angela Merkel, die über die Bewältigung der Flüchtlingskrise gesagt hatte: „Wir schaffen das.“ Die Formulierung beziehe sich „auf das Hier und Heute. Damit gilt der Satz nach wie vor.“ In der Debatte über den Leitantrag zur Flüchtlingspolitik sei es nicht darum gegangen, einen möglichen Verlierer aus einer Diskussion herauszufinden. Es seien gute Formulierungen gefunden worden, die es Kritikern erlaubten, sich in dem Antrag wiederzufinden

Versuch offenen Streit zu vermeiden

Kanzlerin Angela Merkel wollte von Beginn an einen offenen Streit um ihre Flüchtlingspolitik auf dem CDU-Parteitag mit einem Kompromissangebot an ihre Kritiker vermeiden. „Wir werden sicherlich darüber reden, dass wir eventuell die Frage, welche Sorgen machen sich die Menschen, welche Herausforderungen haben wir, dass wir da noch Veränderungen vornehmen“, sagte die CDU-Vorsitzende am Sonntag vor einer Sitzung des Vorstands, der einen Leitantrag zur Flüchtlingspolitik für den am Montag in Karlsruhe beginnenden Parteitag beschloss.

Merkel lehnt die Forderung ihrer Widersacher nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland ab und setzt auf eine europäische Lösung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) - der wie die Junge Union zu Merkels Kritikern gehört - sagte aber, er glaube, dass nach den Diskussionen der zurückliegenden Stunden „ein gutes Papier“ vorgelegt werde.

Europäische Lösung angestrebt

Merkel betonte, die CDU werde deutlich machen: „Es geht um Reduzierung, es geht um Verringerung der Zahl der Flüchtlinge in europäischer Solidarität und durch Bekämpfung der Fluchtursachen und nicht durch einseitige Maßnahmen Deutschlands.“ Sie mahnte, Deutschland müsse im Einklang mit Europa handeln. Es gehe auch um den Kampf gegen Fluchtursachen und darum, die Grenzen offen zu halten. Der Parteitag werde aber auch dieses Zeichen setzen: „Wir müssen unsere Zukunft gestalten, wir müssen wirtschaftlich stark bleiben, wir müssen darauf achten, dass wir die Kraft haben, eben auch Herausforderungen, die uns durch die Globalisierung begegnen, dann auch erfolgreich lösen zu können.“ (dpa)

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