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Auskunft übers Klimakonzept. Paul Ziemiak (rechts), CDU-Generalsekretär, und Andreas Jung, Unions-Vizefraktionschef, informieren nach der Sitzung des CDU-Bundesvorstands im Konrad-Adenauer-Haus die Presse über die CDU-Pläne.

© Kay Nietfeld/dpa

Vorschläge zum Klimapaket: Mit diesen Punkten geht die CDU in die Groko-Verhandlungen

Zwischen Preiserhöhungen und Prämien: Die Partei der Kanzlerin legt ein großes Potpourri als Basis für die bevorstehenden Klimaentscheidungen der Koalition vor.

Die Verkaufe des Pakets ist ziemlich gut, der Inhalt eher eine Blackbox. „Das ist ein wichtiger Tag“, sagt Paul Ziemiak. „Wir wollen unseren Kindern eine intakte Natur hinterlassen“, betont der CDU-Generalsekretär. Intakt ist die Natur aber schon länger nicht mehr.

„Wir wollen eine nachhaltige soziale Marktwirtschaft gestalten“, sagt Ziemiak weiter. Mit Dutzenden Milliarden soll der Umbau der Wirtschaft und des Verkehrs beschleunigt werden. Doch weder Ziemiak noch der mit der Ausarbeitung des CDU-Pakets beauftragte Fraktionsvize Andreas Jung können sagen, bei wie viel weniger CO2-Ausstoß man damit verbindlich bis 2030 herauskommt – und auch nicht, was es kostet und wie es finanziert werden kann.

Montagmittag, 13 Uhr im Konrad-Adenauer-Haus. Es ist der Moment großer Worte. Jung betont nach dem einstimmigen Beschluss des CDU-Vorstands, damit schließe die Partei „eine offene Flanke“. „Weiter so kann nicht die Botschaft sein.“ Doch wird es auch ein großer Wurf?

Bis Freitag soll mit dem Koalitionspartner SPD eine Einigung stehen. Auch für CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist es eine Bewährungsprobe. Ein wichtiger Schritt ist geschafft: ein CDU-Beschluss als Basis für die Koalitionseinigung. „Papst Franziskus bezeichnet die Bekämpfung des Klimawandels als die vielleicht wichtigste Aufgabe, als ,Verteidigung der Mutter Erde‘. (...) Es gehe um das Überleben vieler und ein würdiges Leben aller Menschen“, heißt es in der Einleitung des 35-seitigen Klimapapiers. Die Worte klingen fast wie damals vor zwölf Jahren.

Bei einer Kabinettsklausur wurden im August 2007 in Schloss Meseberg Eckpunkte beschlossen – auch von einer Union-SPD-Bundesregierung wohlgemerkt, der ersten großen Koalition Angela Merkels. Das „Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung“ sollte sicherstellen, dass im Jahr 2020 mindestens 40 Prozent weniger an Treibhausgasen ausgestoßen wird als 1990. Besonders im Verkehr wollte man ran an die Emissionen – durch einen Umbau der Kfz-Steuer, die sich nach dem CO2-Ausstoß bemessen sollte. Daraus wurde dann nichts.

Erhöhte Prämien beim Kauf eines Elektroautos

Nun heißt es anno 2019 im CDU-Papier: „Wir schlagen vor, die Kfz-Steuer bei Neuzulassungen umfassend an den CO2-Emissionen des Fahrzeugs zu bemessen.“ Dazu kommen erhöhte Prämien, zum Beispiel beim Kauf eines Elektroautos. Und noch so ein Evergreen, der seit Jahren diskutiert wird und nun auf Wiedervorlage kommt: ein Steuerbonus für energetische Gebäudesanierungen.

Als Kernprojekt soll es zudem eine Bepreisung für den Kohlendioxidausstoß geben – durch einen nationalen Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten für den Verkehrs- und Gebäudebereich. Die CDU möchte, dass am besten die Mineralölkonzerne direkt die Rechte erwerben müssen – es soll einen Mindest- und einen Höchstpreis geben, um zu hohe Kosten, die beim Verbraucher landen, zu vermeiden.

Im Gegenzug soll es Kompensationen geben: „Wir behalten die Pendler und somit den ländlichen Raum im Blick. Pendler sollen nicht draufzahlen“, heißt es im CDU-Papier. „Sobald der Spritpreis aufgrund der CO2-Bepreisung steigt, werden wir die Pendlerpauschale entsprechend erhöhen.“ Wer den ÖPNV nutze oder ein emissionsarmes Fahrzeug fahre, soll zusätzlich finanziell profitieren. Ebenso soll es Ausgleichszahlungen geben für die Bürger, die nicht in den Genuss der Pendlerpauschale kommen.

Die Lkw-Maut soll auf alle Straßen ausgeweitet werden. Zudem sind zur Entlastung der Bürger Strompreisrabatte angedacht. Im Bahnverkehr soll der Mehrwertsteuersatz für alle Tickets auf 7 Prozent sinken. Voraussetzung sei die Verpflichtung der Deutschen Bahn, die Steuersenkung dauerhaft „1:1“ über geringere Fahrpreise an die Kunden weiterzugeben.

Bei Preiserhöhungen für Flugtickets rudert die CDU zurück

Im CO2-intensiven Flugverkehr rudert die CDU allerdings zurück. Statt einer bis zu dreifach höheren Ticketabgabe für Flüge bis 400 Kilometer ist jetzt nur noch vor einer Verdopplung die Rede. Derzeit liegt die Abgabe bei 7,38 Euro pro Ticket. Zubringerflüge zu Transatlantikflügen sollen ebenso ausgenommen werden wie Inselflüge. Und mit einer „Abwrackprämie von mehreren Tausend Euro“ für Ölheizungen soll es einen Schub für neue Heizungsanlagen geben. Ziemiak und Jung sind überzeugt, dass mit dem Potpourri das Ziel von 55 Prozent weniger an Treibhausgasen bis 2030 zu schaffen ist.

„Das ist die Aufforstung der CDU“, sagt Jung stolz. Er nennt das Ergebnis einen „Mischwald“, der sei ja am nachhaltigsten. Mancher Bürger könnte aber den Überblick verlieren – ähnlich wie 2007: ein Feuerwerk an Ideen, dann große Probleme in der gesetzgeberischen Umsetzung.

Die große Frage ist, ob die SPD mitmacht. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) pocht darauf, dass es regelmäßige Überprüfungen geben muss, um mit härteren Maßnahmen nachzusteuern – über ein Klimaschutzgesetz. Mal sehen, wie viel Verbindlichkeit die Union mitmacht in der „Nacht der Entscheidungen“ im Kanzleramt am Freitag. Für Andree Böhling von Greenpeace sind die CDU-Pläne „kopflos“. „Statt des vollmundig angekündigten großen Wurfs liegt ein Bündel wenig wirksamer Einzelmaßnahmen vor.“

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