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Kann er auch Präsident? Marco Rubio freut sich über sein gutes Ergebnis.

© Reuters

Vorwahlen zu US-Wahl 2016: Erst verrückt, jetzt spannend

Der eindeutige Sieger der Vorwahlen von Iowa heißt – Marco Rubio, ein gemäßigter Republikaner. Nanu? Hat nicht Ted Cruz gewonnen, der Rechtsausleger? Das sieht nur so aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Man weiß nicht genau, was elektrisierender ist – das Ergebnis oder die Aufmerksamkeit, die ihm zukommt. Fangen wir mit der Aufmerksamkeit an. Iowa ist ein ländlicher, dünn besiedelter, stark religiös geprägter US-Bundesstaat, der rund ein Prozent der Delegierten entsendet, die auf den Parteitagen im Sommer offiziell den Kandidaten küren. Und nur weil hier die Vorwahlen beginnen, wird aus dem Ergebnis ein Orakel gemacht? Eine Vorentscheidung abgeleitet? Des Volkes Wille ermittelt? Ja. Denn ganz so verrückt, wie es klingt, ist es nicht.

Das Zauberwort heißt „Momentum“, frei übersetzt mit Dynamik oder Schwungkraft. Für die meisten Amerikaner beginnt der Wahlkampf jetzt erst. Die TV-Debatten haben nur Insider verfolgt, die Donald-Trump-Show wurde unter der Rubrik „Polit-Dschungelcamp“ verbucht. Die Zahl der Unentschiedenen ist groß, das Interesse an den Kandidaten wächst langsam. Wer nun in Iowa das Momentum auf seiner Seite hat, wird zum Held der Medien, rückt ins Visier der Parteispender, schlüpft in die Aura des Siegers.

Unter dieser Prämisse heißt der eindeutige Sieger der Vorwahlen von Iowa – Marco Rubio, Senator aus Florida, ein gemäßigter Republikaner. Nanu? Hat nicht überraschenderweise Ted Cruz gewonnen, der Rechtsausleger und Tea-Party-Liebling aus Texas? Klar, hat er – und Trump deklassiert. Aber daraus folgt nur, dass sich Cruz und Trump demnächst weiter das Duell der Schreihälse liefern werden. Doch zusammen kommen die wütenden Populisten – und das in Iowa, dessen Wähler für politische Gefühlsregungen sehr empfänglich sind – nur auf rund die Hälfte der republikanischen Parteigänger.

Die laute reine Lehre oder den Wahlsieg?

Die bange Frage dagegen, wer eigentlich unter den vielen republikanischen Kandidaten den pragmatischen Konservativismus verkörpern soll, hat in Iowa plötzlich eine Antwort, ein Gesicht und einen Namen bekommen. Der Druck, der von nun an auf Jeb Bush, John Kasich und Chris Christie lastet, zugunsten von Rubio das Handtuch zu schmeißen, ist groß. Zumal Rubio der einzige ist, der in Umfragen gute Chancen hat, Hillary Clinton zu besiegen. Spätestens ab jetzt stehen republikanische Wähler vor einer klaren Alternative: Wollen sie die laute reine Lehre (Cruz, Trump) zum Preis der Niederlage oder die Aussicht auf einen Wahlsieg Ende des Jahres bei den Präsidentschaftswahlen (Rubio)?

Die Schlappe, die Hillary Clinton gegen ihren innerparteilichen Widersacher Bernie Sanders erlitten hat – gemessen an den Erwartungen -, verstärkt Rubios Momentum noch. Unaufhörlich kratzt Sanders am Nimbus der Siegerin, dieser Trend dürfte bei den nächsten Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire anhalten. Wenn Clinton schon im eigenen Lager immer umstrittener wird, vergrößern sich die Chancen für einen gemäßigten Republikaner wie Rubio, ins Weiße Haus einzuziehen.

Und die beste Nachricht zum Schluss: Stimmen und Stimmungen lassen sich in Amerika eben doch nicht kaufen. Milliardär Trump bekommt ein halbes Jahr quasi kostenlose TV-Werbung, am Ende liegt er bei knapp 25 Prozent der Republikaner.

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