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Aktueller Spitzenreiter. Rick Santorum führt derzeit das Anwärterfeld der Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur. In Umfragen liegt er nun bei 34 Prozent, sechs Punkte vor Mitt Romney.

© AFP

Vorwahlkampf in den USA: Aus Zweifel an den Kandidaten

Der Vorwahlkampf der Republikaner in den USA ist ungewöhnlich scharf. Das nutzt vor allem den Demokraten.

Die Republikaner machen es spannend, womöglich auf selbstzerstörerische Weise. Im Idealfall zeichnet sich zwischen Ende Februar und Mitte März eines Wahljahres ab, wer ihr Präsidentschaftskandidat werden soll. Dann kann sich die Partei hinter ihm vereinen und früh den demokratischen Gegner ins Visier nehmen. 2012 verdrängt zu diesem Zeitpunkt jedoch gerade ein neuer Favorit, Rick Santorum, den bisher führenden Mitt Romney. Der 53-jährige Ex-Senator von Pennsylvania Santorum spricht besonders wertkonservative und religiöse Wähler an. Er ist bereits der fünfte Spitzenreiter innerhalb eines guten halben Jahres. In nationalen Umfragen liegt er nun bei 34 Prozent, sechs Punkte vor Romney.

Der ungewohnt häufige Wechsel an der Spitze und Santorums unerwarteter Aufstieg demonstrieren die generelle Unzufriedenheit der Republikaner mit ihrem Kandidatenfeld und ganz speziell die anhaltenden Zweifel an Romney. Ihnen droht nun ein lang anhaltender interner Kampf um die Kandidatur, in dem sich die Bewerber gegenseitig beschädigen und ihre Finanzpolster aufbrauchen, statt sie für die Auseinandersetzung mit Präsident Obama im Herbst aufzusparen.

Die TV-Debatte der Kandidaten an diesem Mittwochabend in Mesa, Arizona, wird zum Härtetest für Romney und Santorum. Beobachter erwarten harte persönliche Attacken, bei denen beide nicht nur die Sachpositionen des Rivalen angreifen, sondern seinen Charakter infrage stellen. Nach einer Untersuchung der „Washington Post“ sind die „negativen“ Wahlkampfwerbespots wesentlich häufiger und „giftiger“ als 2008. Ihr Anteil stieg von sechs auf über 50 Prozent der ausgestrahlten Wahlwerbung. In den jüngsten Monaten waren diese „Negative Ads“ ein Mittel, mit dem Romney, der reichste und am besten organisierte Kandidat, den Aufstieg gefährlicher Rivalen beendete.

Newt Gingrich hatte nach seinem hohen Sieg in South Carolina Mitte Januar kurzzeitig als neuer Favorit für die folgende Vorwahl in Florida gegolten. Romney gab dort mehrere Millionen Dollar aus, um Gingrich zu verunglimpfen, und gewann. Experten bezweifeln jedoch, dass sich diese Strategie beliebig wiederholen lasse. Der Effekt nutze sich ab. Santorum gelte als authentischer Konservativer aus der Arbeiterklasse und biete nicht so viele Angriffsflächen wie Gingrich.

Diese Art der Wahlwerbeschlacht kostet auch. Romney hat im Januar 18,8 Millionen Dollar ausgegeben, aber nur 6,5 Millionen Dollar neue Spenden eingeworben. Am Monatsende hatte er noch 7,7 Millionen Dollar auf dem Wahlkampfkonto. Der wahre Test der Organisations- und Finanzkraft folgt am „Super Tuesday“ in zwei Wochen. An diesem 6. März halten zehn Staaten ihre Vorwahlen ab.

Auch der Super-Wahltag wird wohl keine Vorentscheidung bringen. Von den bisher neun Vorwahlen haben Romney und Santorum je vier gewonnen und Gingrich eine. Entscheidend sind aber die Delegierten für den Parteitag. In manchen Staaten erhält der Sieger alle Delegierten, in anderen werden sie proportional zum Ergebnis verteilt, in einigen ist die Abstimmung symbolisch, zum Beispiel in Missouri. Dort gewann Santorum, ohne einen zählbaren Vorteil zu erzielen.

Für die Nominierung sind 1144 Delegierte nötig. Derzeit hat Romney 99, Santorum 47, Gingrich 32 und Ron Paul 20. Am „Super Tuesday“ werden 437 Delegierte vergeben. Das „Wall Street Journal“ prognostiziert, dass der Kampf um die Kandidatur sich bis in den Mai oder Juni hinzieht und die Entscheidung vielleicht sogar erst auf dem Parteitag in der letzten Augustwoche in Florida fällt.

Für die Dynamik der nächsten Vorwahlen ist deshalb die Psychologie wichtiger als die Mathematik. Jeder Bewerber versucht, die Wähler zu überzeugen, dass nur er die Kraft habe, Präsident Obama zu schlagen und schürt die Zweifel an den innerparteilichen Konkurrenten. Nach allem Anschein ist es besonders leicht, das Misstrauen gegen Romney zu schüren. Viele Republikaner glauben es ihm einfach nicht, wenn er sich als Konservativer vorstellt. In früheren Ämtern hat er den Ruf gepflegt, ein unideologischer Pragmatiker zu sein. Er galt als klarer Favorit für die Vorwahlen in Arizona und Michigan am 28. Februar – in Arizona, weil es dort viele Mormonen gibt; und in Michigan, weil Romney dort geboren wurde und sein Vater dort ein beliebter Gouverneur war. Doch derzeit führt Romney in Arizona nur knapp, und in Michigan, dem Herz der Autoindustrie, liegt überraschend Santorum vorn.

Santorum spricht weiße Arbeiter besser an; gut die Hälfte von ihnen wählt republikanisch. Sein Großvater war aus Italien eingewandert und hatte im Bergbau gearbeitet. Wenn Santorum Michigan gewinnt und Super Tuesday auch Ohio, einen weiteren entscheidenden Arbeiterstaat, könnte sich die Dynamik endgültig gegen Romney wenden.

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