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Politik: Vulkan unter dem Meer

Auch die Griechen fürchten Tsunamis – sie fordern jetzt ein Warnsystem

„Die Gefahr ist real“, sagt Gerasimos Papadopoulos, Forschungsdirektor am Institut für Geodynamik in Athen. Auch an den Küsten des Mittelmeers, warnt der international angesehene Erdbebenexperte, droht Gefahr durch Flutwellen. „Die Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean sollte uns eine Mahnung sein, endlich im Mittelmeer ein Vorwarnsystem zu installieren“, sagt Papadopoulos.

Griechenland hat eine Küstenlinie von über 14 000 Kilometern Länge – mehr als jeder andere Mittelmeer-Anrainer. Zugleich ist es das Land mit der höchsten Erdbebenaktivität in der Region. Zwar ist die Tsunami-Gefahr im Mittelmeer nicht so groß wie im Pazifik, dem global am häufigsten von diesen Flutwellen betroffenen Seegebiet. Zu vernachlässigen ist das Risiko aber keineswegs. In ihrem Buch „Die Erdbeben Griechenlands“ haben die beiden Athener Seismologen Katerina und Vassilis Papazachos 83 große Beben aufgelistet, die Tsunamis auslösten.

1741 verwüstete ein Flutwelle die Ostküste der Insel Rhodos. 1817 löste ein Erdbeben im Golf von Korinth einen Tsunami aus. 50 Jahre später traf eine Flutwelle die Hafenstadt Lixouri auf der Insel Kefallonia. 1947 wurde die Stadt Methoni auf dem Peloponnes von einem Tsunami heimgesucht, im Jahr darauf die Insel Karpathos in der südlichen Ägäis. Die jüngste Flutkatastrophe ereignete sich 1956. Damals brandete nach einem Erdbeben der Stärke 7,5 ein Tsunami bis zu einer Höhe von 25 Metern an die Südküste der Insel Amorgos. Auf der benachbarten Insel Astypalaia erreichte das Wasser eine Höhe von 20 Metern, auf Kreta immerhin noch von fünf Metern.

Solche Katastrophen können sich jederzeit wiederholen. Und nicht nur Griechenland ist gefährdet. Als ein Risikofaktor im Mittelmeer gilt der erst 1999 entdeckte, fast 3000 Meter hohe Unterwasservulkan Il Marsili vor der Südwestküste Italiens. Ein Ausbruch dieses größten Vulkans Europas, dessen gewaltiges Massiv sich über eine Fläche von rund 2600 Quadratkilometern erstreckt, könnte eine Flutwelle auslösen, wie sie das Mittelmeer noch nicht erlebt hat.

Seit Jahren fordern griechische Seismologen deshalb den Aufbau eines Tsunami-Alarmsystems, wie es im Pazifik existiert. Die zur Verfügung stehende Vorwarnzeit ist allerdings im kleinen Mittelmeer nur kurz. Im riesigen Pazifik brauchen die mit der Geschwindigkeit eines Jets über das Meer rasenden Flutwellen oft Stunden bis zur nächsten Küste – genug Zeit, um gefährdete Regionen zu evakuieren. „Aber selbst eine Vorwarnzeit von 15 oder 30 Minuten kann helfen, Menschenleben zu retten“, ist Gerasimos Papadopoulos überzeugt.

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