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Politik: Wachstum – aber in Grenzen

Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bleibt beim alten Ausbauziel

Berlin - Die Bundesregierung will den Ausbau der erneuerbaren Energien entgegen den Ankündigungen nach der Atomkatastrophe von Fukushima doch nicht verstärken. Im Referentenentwurf für eine Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), der dem Tagesspiegel vorliegt, wird bis 2020 lediglich das bereits im Energiekonzept im vergangenen Herbst formulierte Ziel wiederholt. Demnach sollen bis dahin 35 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Im Regierungsentwurf heißt es wörtlich: „Diese Novelle stellt einen zentralen Baustein für die Transformation der Energieversorgung und für den Einstieg in das regenerative Zeitalter dar.“

Die Kosten für das EEG schätzt das Umweltministerium als relativ gering ein. Bis 2020 sollen es rund 700 Millionen Euro mehr sein als derzeit. Das würde den Preis um 0,2 Cent pro Kilowattstunde Strom erhöhen. Die wichtigste Neuerung ist die Einführung einer sogenannten Marktprämie, von der sich das Umweltministerium verspricht, dass mehr und mehr Anbieter erneuerbarer Energien ihren Strom direkt an der Börse anbieten. Allerdings halten Opposition und Branchenverbände die Marktprämie für ein ineffizientes Instrument, das lediglich „Mitnahmeeffekte“ provoziere. Mit Mehrkosten durch die Marktprämie rechnet die Regierung selbst auch, will sie aber dennoch einführen. Opposition und Branchenverbände halten dagegen das sogenannte Grünstromprivileg für ein besser geeignetes Instrument, um die erneuerbaren Energien marktfähiger zu machen. Das Instrument bleibt erhalten, die Vergütung wird jedoch gekürzt.

Kürzungen soll es auch für die Windstromerzeugung an Land und für Strom aus Biomasse geben. Nach dem Entwurf des Ministeriums soll es beim Solarstrom zunächst bei den Beschlüssen bleiben, die im vergangenen Herbst schon gefallen sind. Allerdings haben die Unions-Fachpolitiker bereits weitere Kürzungen angeregt. Steigen soll die garantierte Abnahmevergütung dagegen für Windstrom, der offshore, also im offenen Meer erzeugt worden ist, und für Strom aus Erdwärme. Beide Erzeugungsformen sind in den vergangenen Jahren kaum gewachsen.

Greenpeace bezeichnete den Entwurf für die EEG-Novelle am Mittwoch als „enttäuschend“. Der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien (EEG), Dieter Schütz, sagte: „Man kommt nicht umhin, die viel beschworene Stärkung der Erneuerbaren als reine Lippenbekenntnisse zu werten.“ Auch der grüne Energieexperte Hans-Josef Fell ist enttäuscht, dass Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) „das alte 35-Prozent-Ziel fortschreibt, als wäre nichts geschehen.“

Die EEG-Novelle soll im Kabinett mit den Änderungen im Atomgesetz und Entscheidungen über Förderprogramme für die Gebäudesanierung am 6. Juni beschlossen werden. Angesichts der knappen Beratungszeit von drei Wochen, die die Regierung dem Bundestag dafür zubilligen will, befürchtet die Industrie, dass das EEG „eine faktische Revisionsklausel“ enthalten werde. Je öfter das EEG geändert wird, desto unsicherer sind sich Investoren über die langfristigen Bedingungen für ihre Anlage. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Marktsegment der erneuerbaren Energien wegen einer schlecht gemachten Reform zusammenbricht.

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