zum Hauptinhalt

Politik: Während die Wirtschaft des Landes kollabiert, finanziert sich Mugabe mit internationalen Krediten ein extravagantes Leben

Im altehrwürdigen Speisesaal des Harare Club spielt der ergraute Pianist Oldies aus den späten Sechzigern. Die Gäste plaudern bei Roastbeef und Plumpudding.

Im altehrwürdigen Speisesaal des Harare Club spielt der ergraute Pianist Oldies aus den späten Sechzigern. Die Gäste plaudern bei Roastbeef und Plumpudding. Fast alles ist wie früher, als dieser Ort noch eine Domäne der Weißen war. Nur die Gäste sind andere, und außer dem ewigen Thema Geschäfte haben sich in den letzten Jahren noch ein paar neue gefunden: der Niedergang der Wirtschaft, die Aids-Epidemie und die ungewisse Zukunft des Präsidenten von Simbabwe, Robert Mugabe. Seit kurzem haben Schwarz und Weiß noch ein neues Thema, das die Unterhaltung nicht amüsanter macht. Sie reden darüber, wie Geld des Internationalen Währungsfonds (IWF), das eigentlich die Wirtschaft Simbabwes fördern soll, im Kongo verpulvert wird. Und darüber, dass Weltbank und IWF dem Land deshalb bald den Geldhahn zudrehen könnten.

"Vor zehn Jahren", schäumt der junge Anwalt Isaac Maposa beim Kaffee, "befanden sich Demokratie und Wirtschaft unseres Landes auf der Intensivstation. Heute liegen beide im Leichenschauhaus." Nach 19 Jahren ununterbrochener Herrschaft rumort es in Simbabwe, dem früheren Rhodesien. Seit gut zwei Jahren befindet sich der südafrikanische Binnenstaat im wirtschaftlichen Sturzflug, seine Währung im Niedergang. Unruhen und Straßenproteste sind inzwischen fast zur Normalität geworden.

Simbabwe droht das Schicksal fast aller schwarzafrikanischer Staaten, und auch hier hat die Misere einen eindeutigen Grund: den Präsidenten. Wie die meisten nachkolonialen Herrscher des Kontinents regiert auch Präsident Mugabe inzwischen halb als Gott, halb als Häuptling. Das öffentliche Leben ist eine einzige Ergebenheitsbekundung: In jedem Laden, in jeder Amtsstube, in jedem Hotel hängt sein Porträt, in den Nachrichten kommt er stets an erster Stelle.

Wie viele seiner Landsleute ärgert den Anwalt Maposa vor allem das militärische Abenteuer seiner Regierung im fernen Kongo. Gerade erst kam heraus, dass Simbabwe dem IWF bei den jüngsten Umschuldungsgesprächen offenbar wissentlich falsche Zahlen über die Kosten des Krieges auftischte: Während man offiziell von drei Millionen Dollar im Monat sprach, kursierte regierungsintern bereits ein Papier des Finanzministers, das die Kriegskosten des fast bankrotten Landes auf eine Million Dollar am Tag bezifferte.

Letztes Jahr schickte Präsident Mugabe seine Truppen nach Zentralafrika, um den dortigen Despoten Laurent Kabila vor dem Sturz zu retten. Der Krieg ist in Simbabwe wenig populär und könnte Mugabes Vietnam werden. Doch Kritik an der Kongo-Mission zu üben, ist in Simbabwe eine gefährliche Sache. "Agenten und korrupte Lügner" nannte der Verteidigungsminister zwei Lokalreporter, die Position gegen den Kongo-Einsatz bezogen. Am liebsten, sagte der Minister, würde er die beiden Querulanten sofort an die Front in Zentralafrika verfrachten. Statt dessen wurden beide zehn Tage lang ins Gefängnis gesteckt und dort schwer misshandelt. Als es eine gerichtliche Verfügung gab, sie sofort freizulassen, sagte ein hochrangiges Regierungsmitglied: "Von einem Richter lassen wir uns gar nichts sagen", und Mugabe selbst forderte die sofortige Ablösung der Richter.

Ein Sozialist im Konsumrausch

Gegen das System Mugabe gingen die Studenten 1997 erstmals auf die Straße. Als sie die Parole "Me-Mo-Mu" skandierten, schloss der Präsident die Universität für ein Jahr. Der kryptisch anmutende Slogan spielt auf zwei gestürzte afrikanische Potentaten an: den äthiopischen Schlächter Mengistu und Zaires inzwischen verstorbenen Diktator Mobutu. Offenbar wünschen die Protestierenden Mugabe dasselbe Schicksal.

Noch lange nach seiner Unabhängigkeit im Jahr 1980 galt Simbabwe dank einer umsichtigen Bildungs- und Versöhnungspolitik weltweit als Vorbild für Afrika. Das Land hatte eine größere Mittelklasse als der Rest des Kontinents und eine überdurchschnittlich gut ausgebildete Bevölkerung. Heute ist davon nicht mehr viel zu spüren. Wie Kenia oder Sambia fällt Simbabwe nun in die Kategorie jener Länder, die zwar über eine frei gewählte Regierung verfügen, in denen aber gleichzeitig rechtsstaatliche Prinzipien wie die Pressefreiheit wenig gelten: Die Medien sind inzwischen fast alle gleichgeschaltet worden.

Im Alter zeigt sich Mugabe immer intoleranter. Und der extravagante Lebensstil der Führungsschicht verbittert das Volk: Trotz des außer Kontrolle geratenen Haushaltsdefizits erhält jeder der 51 Minister als Teil seiner Vergütung einen Mercedes und einen Geländewagen. Für böses Blut sorgte auch Mugabes junge Frau Grace, die sich einen opulenten Palast bauen ließ, der nun im Volksmund "Graceland" heißt. Den Auftrag zum Bau eines neuen Flughafens erhielt Mugabes Neffe, obwohl sein Angebot zu den teuersten gehörte. Für die Unterstützung Kabilas im Kongo soll Simbabwes Elite Konzessionen an den Bodenschätzen des zentralafrikanischen Landes erhalten. Mugabe selbst soll derzeit mit dem Gedanken spielen, sich für seine Auslandsreisen einen 35 Millionen Dollar teuren Airbus A 319 Corporate Jetliner zuzulegen, das Topmodell unter den Privatjets.

Mugabes Selbstverständnis als Sozialist hat der Konsumrausch nichts anhaben können. Im vergangenen Dezember erging er sich wieder einmal in kommunistischer Nostalgie: Beim Treffen des Weltkirchenrats in Simbabwe dachte er laut darüber nach, dass es der Menschheit besser ginge, wenn der real existierende Sozialismus nicht kollabiert wäre.

Kein Wunder, dass der Staat jede Privatinitiative zu ersticken sucht: Während Mugabe sein (steuerfreies) Gehalt nebst Zulagen gerade erst von umgerechnet 50 000 auf mehr als 70 000 Mark im Monat angehoben hat, wird der einfache Bürger bereits bei einem Verdienst von 120 Mark vom Staat mit 20 Prozent zur Kasse gebeten. Die höchste Steuerklasse von 40 Prozent erreicht man in Simbabwe schon bei einem nicht eben üppigen Monatseinkommen von 700 Mark.

Den IWF scheinen die Willkür und Korruption in Simbabwe bisher nicht weiter gestört zu haben. Mugabe verstößt praktisch gegen alle Auflagen seiner Kreditgeber. Sogar der langjährige Verbündete Holland hat deshalb sämtliche Entwicklungsgelder storniert, und trotzdem hat sich der IWF im August zur allgemeinen Verblüffung bereit erklärt, dem Diktator eine neue Rettungsleine zuzuwerfen und einen Kredit von fast 200 Millionen Dollar zu gewähren. Die Summe würde Mugabe helfen, bis zu den Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren politisch zu überleben. Doch die Zusage gab der IWF, als noch niemand etwas von dem brisanten Papier über die Kosten des Krieges wusste.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false