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Währungsunion: EU verweigert Litauen den Euro

Wegen überhöhter Inflation wird Litauen den Euro nicht zum 1. Januar 2007 einführen können. Die EU-Kommission gab dagegen grünes Licht für Euro-Kandidat Slowenien. Freuen können sich ebenfalls Bulgarien und Rumänien.

Straßburg/Vilnius - Erstmals seit dem Start der Währungsunion verweigert die EU einem Mitgliedsland den Euro: Litauen darf wegen überhöhter Inflation nicht zum kommenden Jahreswechsel beitreten. Das entschied die EU-Kommission am Dienstag in Straßburg.

Brüssel gab hingegen grünes Licht für den Kandidaten Slowenien, der seinen Tolar zum 1. Januar 2007 gegen den Euro tauschen will. Das wirtschaftliche Musterland Slowenien ist der erste Mitgliedstaat, der seit Einführung des Eurobargeldes 2002 und der großen EU-Erweiterung 2004 beitritt. Auch die Europäische Zentralbank wollte sich später zu den beiden Anwärtern äußern.

Kein Präzedenzfall für eine Aufweichung

Im Fall Litauen zeigt sich die EU fest entschlossen, einen Präzedenzfall für eine Aufweichung der Beitrittskriterien zu verhindern. EU-Währungskommissar Joaquín Almunia sagte: «Litauen erfüllt alle Konvergenzkriterien - außer dem der Inflation.» Er wünsche sich, dass Litauen bald alle Kriterien erfülle.

Vilnius steht von den Staatsfinanzen her gut da, doch die Inflation übersteigt den Referenzwert von 2,6 Prozent leicht um 0,1 Punkte. Die Inflation soll im laufenden Jahr sogar auf 3,5 Prozent klettern. Streit ist programmiert, da die sozialdemokratische Regierung von Ministerpräsident Algirdas Brazauskaus die Ablehnung nicht hinnimmt; sie will den Konflikt auf den EU-Gipfel am 15. und 16. Juni in Brüssel bringen. Die EU-Staats- und Regierungschef haben bei den Euro-Beitritten das letzte Wort.

Niedrige Preissteigerung entscheidend

Neben den beiden Schuldenkriterien - maximal 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Gesamtschulden sowie höchstens 3 Prozent Neuverschuldung - kommt es bei den Kandidaten unter anderem auf eine niedrige Preissteigerungsrate an: Der Kandidat darf bei der Inflationsrate allenfalls 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der besten Drei in der EU liegen. Estland hatte von sich aus wegen überhöhter Inflation darauf verzichtet, seine Krone nächstes Jahr gegen den Euro einzuwechseln.

Der CSU-Europaparlamentarier Alexander Radwan erklärte, die Kommission dürfe sich «kein zweites Griechenland erlauben». Er fügte hinzu: «Die Stabilitätskriterien als Voraussetzung für neue Beitritte zur Wirtschafts- und Währungsunion müssen ohne Abstriche eingehalten werden.» Griechenland war 2001 als 12. Land in den Euro-Club gekommen - auf der Basis frisierter Haushaltszahlen, wie sich später herausstellte.

"Litauen hat alles gemacht"

Der litauische Zentralbankchef Reinoldijus Sarkinas sagte unterdessen im Staatsradio seines Landes: «Litauen hat alles gemacht, was nötig war, damit im nächsten Jahr (2007) der Euro eingeführt werden kann.» Bei einer negativen Bewertung müsse Litauen eine genaue Untersuchung der Gründe erstellen. Sarkinas gab keine Prognose über einen möglichen späteren Beitrittstermin zum Euro ab.

Die Währungsunion war 1999 zunächst mit elf Mitgliedern gestartet. Sie umfasst derzeit zwölf Länder mit knapp 310 Millionen Menschen. Die zehn neuen EU-Länder in Mittel- und Osteuropa sowie im Mittelmeerraum sind vertraglich zur Euro-Einführung verpflichtet, sobald sie die Konvergenzkriterien erfüllen. (tso/dpa)

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