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Exportschlager. Gewehre – im Bild die Kalaschnikow – sind ein gutes Geschäft. Einige Staaten wollen, dass die Munition dafür nicht als Waffenlieferung gilt.

© dpa

Waffenhandel: Ein Vertrag mit vielen Ausnahmen

Die Vereinten Nationen wollen Waffenlieferungen weltweit einschränken – aber es gibt Widerstände. China will zwischenstaatliche Rüstungsgeschäfte aus dem Vertrag ausschließen, die USA fordern, dass Munitionsverkäufe nicht kontrolliert werden. Die Wirkung der Vereinbarung ist damit schon vor Beginn der Verhandlungen begrenzt.

Die Russen liefern die ganze Palette: Kampfflugzeuge, Raketen, Gewehre und Munition. Zwischen 2007 und 2011, dem Jahr, als das Assad-Regime befahl, den Volksaufstand niederzuschlagen, bestritt Russland laut den Friedensforschern des Stockholmer Sipri-Instituts 78 Prozent aller syrischen Waffenimporte. Auch 2012 deckte sich Damaskus in Russland ein – das Assad-Regime terrorisiert mit Waffen „made in Russia“ weiter das eigene Volk.

Bislang verkaufen die meisten Rüstungsfirmen, was der Weltmarkt hergibt: Es existiert kein internationaler Vertrag zur Kontrolle von Rüstungslieferungen. Das soll sich jedoch ändern: Vom kommenden Montag an bis Ende Juli wollen die UN-Mitglieder in New York einen Vertrag über Waffengeschäfte aushandeln. In dem Abkommen sollen laut UN die „höchst möglichen internationalen Standards“ für Geschäfte mit Kriegsgütern festgeschrieben werden. „Klarheit und Transparenz“ solle herrschen. Der Markt für Panzer, Geschütze, Kampfjets, Helikopter, Kriegsschiffe, Gewehre, Pistolen und Munition hat gigantische Dimensionen: Im Jahr 2010 erlösten die 100 größten Waffenfirmen laut Sipri über 400 Milliarden US-Dollar. Exportiert wird auch in Krisenstaaten. Die Deals heizen somit Kriege an.

Was kann der mögliche Waffenvertrag bringen? Menschenrechtler, Pazifisten und Kirchen pochen auf eine „Goldene Regel“ zum Verbot bestimmter Waffenverkäufe. „Der Vertrag muss Verkauf und Erwerb von Waffen ächten, wenn die Güter bei Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts eingesetzt werden könnten“, sagt der Rüstungsfachmann des Weltkirchenrates, Jonathan Frerichs. Auch dürften mit Waffen keine Projekte gegen die Armut ernsthaft gestört werden. Und das Abkommen müsse den Transfer von todbringenden Gütern an Rebellengruppen oder kriminelle Banden verhindern. Zudem machen sich die Aktivisten für einen wirksamen Kontrollmechanismus stark.

Für Deutschland hätte ein strenges Abkommen kaum Konsequenzen. Zwar ist die Bundesrepublik laut den Sipri-Experten das drittgrößte Waffenausfuhrland (hinter den USA und Russland). Die deutschen Exporte genügen aber schon restriktiven Bestimmungen. Ob sich allerdings andere Top-Waffenlieferanten Fesseln anlegen lassen, ist fraglich. „Zwar will kein Staat den ganzen Verhandlungsprozess infrage stellen. Aber einige Regierungen planen, das Ergebnis ganz klar in ihrem Sinne zu formen“, erklärt die Botschafterin Großbritanniens bei der internationalen Abrüstungskonferenz in Genf, Joe Adamson. Gut möglich, dass sich die Staaten am Ende auf ein Abkommen ohne Biss einigen. Denn jedes Land kann bei den Verhandlungen sein Veto gegen den gesamten Vertrag einlegen, falls die anderen Länder seine Forderungen nicht akzeptieren.

So will China durchsetzen, dass der Vertrag nur für kommerziellen Handel gilt. Transfers von Geschützen, Kriegsschiffen oder Kampfjets von einem Staat zu einem anderen Staat im Rahmen von politischen Geschäften wären dann durch den Pakt nicht abgedeckt. Die USA wiederum sperren sich gegen die Nennung von Munition in dem Vertrag. Das US-Außenministerium machte klar: „Die Einbeziehung von Munition wird schwer zu akzeptieren sein.“ In der Phalanx der Gegner von Munition finden sich auch Russland, Ägypten und – Syrien.

Rüstungsgegner warnen: Ein Abkommen ohne Munition habe keinen Biss. „Es sind die Kugeln, die Gewehre zu tödlichen Waffen machen“, betont Anna McDonald, Oxfam-Rüstungsexpertin. Andere Staaten, etwa Indien und Vietnam, wollen den Vertrag nur für fertig produzierte Waffen gelten lassen. Komponenten und Ersatzteile sollten durch das Übereinkommen nicht abgedeckt werden. Wieder schlagen Rüstungsgegner Alarm. Denn Firmen verkaufen ihre Kriegsgeräte immer öfter nach dem Baukastenprinzip. Robert Lindner, Koordinator bei Oxfam Deutschland für humanitäre Kampagnen, warnt daher: „Der neue Kontrollvertrag darf Tätern keine Schlupflöcher bieten, um sich im Do-it-yourself-Verfahren mit tödlichen Waffen einzudecken.“

Jan Dirk Herbermann

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