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Ein junger Mann nimmt ein Selfie mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders auf.

© REUTERS/Yves Herman

Wahl in den Niederlanden: Viele junge Leute sind für Geert Wilders

In den Niederlanden ist die Gruppe der 18- bis 25-jährigen Wähler in den vergangenen zehn Jahren klar nach rechts gerückt. Eine Studie zeigt, dass Junge auch deutlich ängstlicher sind als Alte.

Zwei Fragen aus dem “Magikstemmen-Toets” (“Darf-ich-wählen-Test”), den das niederländische Monatsmagazin Vrij Nederland im Februar entwickelt hat:

Wann finden erwartungsgemäß die nächsten Wahlen in den Niederlanden statt?

a) am 15. März 2017

b) am 19. März 2017

c) am 15. April 2017

Wie viel Muslime wohnen in den Niederlanden?

a) Sechs Prozent der Bevölkerung

b) Elf Prozent der Bevölkerung

c) Achtzehn Prozent der Bevölkerung

Und was soll das? Erst wenn man 28 von 31 derartigen Fragen richtig beantwortet hat, darf man an der niederländischen Wahl teilnehmen.

Das ist natürlich ein Scherz, denn die Idee einer Demokratie ist ja, dass jeder teilnehmen kann. Der Test wurde aber vor einem ernsten Hintergrund erstellt. Aus einer Umfrage des holländischen Forschungsinstitutes I&O im Auftrag von Vrij Nederland geht nämlich hervor, dass 42 Prozent der Jugendlichen so einen Test für sinnvoll halten. Sie vertrauen nicht auf den gut informierten, souveränen Wählern, und auch gegenüber Politikern und Medien sind sie argwöhnisch. Insgesamt ist das Bild, das die Jugendlichen von der Demokratie haben, beunruhigend.

Vor zehn Jahren hatte das Innenmisterium eine solche Studie in Auftrag gegeben. Damals waren noch 57 Prozent der 18- bis 25-Jährigen der Meinung, die Niederlande bewegten sich in eine gute Richtung. Jetzt sind genau 57 Prozent der Meinung, dass das Gegenteil der Fall ist. Fast die Hälft der junge Menschen fürchtet, dass während ihres Lebens ein Krieg in den Niederlanden ausbricht, ein Fünftel sogar, dass das Land sich in eine Diktatur verwandeln wird. Damit ist die Jugend weitgehend ängstlicher als zum Beispiel Rentner es sind, hier fürchten das jeweils nur 17, beziehungsweise neun Prozent.

Ein gutes Viertel der 18- bis 25-Jährigen wählt Wilders

Die Forscher des I&O Institutes sowie der Politikwissenschaftler Paul Dekker, der dem Planungsbüro für Soziale und Kulturelle Fragen angehört, sehen eine Erklärung dafür in der "chaotischen Zeit", in der die Jugendlichen aufwachsen. Genannt werden der 11. September 2001, aber auch die Anschläge in Paris, Brüssel und Berlin. Die Finanzkrise von 2008 sowie Flüchtlingsströme aus islamischen Ländern tragen nach Ansicht der Wissenschaftler ebenfalls dazu bei.

Themen wie Immigration, Asyl und Sicherheit empfinden die meisten Niederländer als gleich wichtig, das Thema Bedrohung durch Terrorismus ist jedoch für die Jugendlichen bedeutend wichtiger (39 Prozent gegenüber 22 Prozent im Durchschnitt). Entsprechend finden die Parteien gerade bei jungen Menschen mehr Zuspruch, die auf diese Themen eingehen. So ist die Altergruppe 18- bis 25-Jährigen im Vergleich zur Studie des Innenministeriums 2007 nach rechts gerückt ist. Damals war es noch die Sozialistische Partei (SP), die 26 Prozent der Stimmen dieser Altersgruppe bekommen hat. Jetzt wird von 27 Prozent die rechtspopulistischen PVV Geert Wilders’ gewählt.

"Vermasselt es nicht - don't fuck up!"

Der "De Volkskrant" hat zudem Jugendliche selbst befragt, in deren Worten man dann deutlich die Sprache des Rechtspopulisten Geert Wilders’ vernimmt. Ein Student, der täglich 120 Kilometer zwischen dem Haus seiner Eltern und seiner Ausbildungsstätte pendelt, gibt an, Probleme bei der Wohnungssuche zu haben, meint aber, "Flüchtlinge aber gleich eine bekommen". Das Land sei ihm "zu voll": "Wir müssen unsere eigene Kultur bewahren. Wenn man hierher kommt, dann hat man sich anzupassen."

Chris Aalberts, der über den Effekt der Popularisierung in der Politik auf Jugendliche promoviert hat, zieht eine ernüchternde Bilanz: "Jugendliche neigen zu einem gewissen Schwarz-Weiß-Denken. Nuancen sind kompliziert, Männer wie Jesse Klaver (Die Grünen) und Wilders können sie nachvollziehen, der Rest redet nicht klar genug." Politiker würden nicht nur für unzuverlässig gehalten, es gebe laut Aalberts unter Jugendlichen auch ein großes Desinteresse an Politik.

Das Innenmisterium wendet sich deshalb mit der Kampagne "Elke stem telt" ("Jede Stimme zählt"), extra an Jugendliche. "Sie werden die Entscheidungen von heute in der Zukunft am meisten spüren", argumentiert der sozialdemokratischen Innenminister Ronald Plasterk. Das haben sich wohl auch fünf junge Amsterdamer gedacht: Sie haben einen Kurzfilm ins Netz gestellt, in dem englische und amerikanische Jugendlichen über ihre Reue berichten, weil sie nicht an der Brexit-Abstimmung, beziehungsweise der US-Wahl teilgenommen haben. "Vermasselt es nicht, wie wir das gemacht haben", ist die Botschaft: "Don’t fuck up!"

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