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Wahl in Hessen: Nummer drei

Die SPD liegt in vielen hessischen Wahlkreisen noch hinter FDP oder Grünen

Berlin - Das „Projekt 18“ der FDP, einst belächelt, hat mit der Hessenwahl wieder eine gewisse Realitätsnähe gewonnen. Zumindest in neun Wahlkreisen kamen die Liberalen über diese Prozentmarke bei den Zweitstimmen. Das beste Ergebnis fiel mit 22,5 Prozent im Wahlkreis Main-Taunus II an, einer wohlhabenden Gegend. Was reichte, um dort zweitstärkste Partei zu werden. Und nicht nur dort: Insgesamt ist die FDP in fünf Wahlkreisen die Nummer zwei. Die Grünen schafften das in zwei Wahlkreisen, wobei sie im Wahlkreis Frankfurt 5 sogar die Nummer eins nach Zweitstimmen sind.

Den Erfolgssignalen für FDP und Grünen steht eine Misserfolgsbilanz der SPD entgegen, die beim genaueren Blick in die Wahlstatistik das sozialdemokratische Ergebnis vom Sonntag noch alarmierender wirken lässt. In zehn von 55 Wahlkreisen, also fast 20 Prozent, ist die in Hessen einst dominierende SPD weder Erst- noch Zweitplatzierte – in zwei Wahlkreisen in Frankfurt nach Zweitstimmen sogar nur noch auf dem vierten Platz hinter CDU, Grünen und FDP. Nimmt man noch jene Wahlkreise hinzu, in denen die SPD kaum noch vor den vormals Kleinen liegt, kommt man locker auf die Zahl 20. Hessen hat so nicht nur den Trend zum Fünfparteiensystem bestätigt. Es zeigt sich auch, dass der Absturz der einstigen Volksparteien CDU und SPD in den Status von Mittelparteien zumindest regional weiter voranschreitet. In Hessen ist zumindest die SPD am Sonntag in manchen Regionen auf den Status von Grünen oder FDP zusammengestutzt worden, was bisher selbst in ihrer Diaspora wie Sachsen oder Bayern selten war.

Vor allem in den Städten hat die SPD stark verloren – in der Akademikerstadt Darmstadt wurde sie insgesamt sogar von den Grünen überholt, nach einem Einbruch von nahezu 18 Prozentpunkten. Darmstadt ist allerdings auch die Heimat der früheren SPD-Abgeordneten Dagmar Metzger, die mit ihrer standhaften Ablehnung einer rot-grünen Minderheitsregierung mit den Ausschlag für die Neuwahlen gab. Metzger war von ihrer Partei in Darmstadt nicht mehr aufgestellt worden, der „Denkzettel“ fiel dort kräftiger aus. In Frankfurt liegen SPD und Grüne jetzt praktisch gleichauf. Nur in manchen ländlichen Regionen konnte sich die SPD einigermaßen behaupten. Glaubt man der Wählerwanderungsforschung, dann kommt ein erklecklicher Teil der Gewinne vor allem der Grünen, aber auch der FDP von früheren SPD-Wählern. Wobei laut Infratest dimap der größte Teil der SPD-Verluste auf Wahlabstinenz von Anhängern zurückzuführen ist.

Die Verschiebungen zwischen den Parteien führten auch zu kuriosen Ergebnissen. Zum Beispiel im genannten Wahlkreis Frankfurt 5. Dort liegen die Grünen nach Zweitstimmen mit 28,1 Prozent klar vor der CDU mit 25,7 Prozent. Das Direktmandat gewann jedoch die CDU – sehr knapp vor der nach Zweitstimmen mit 19,2 Prozent abgeschlagenen SPD. Die Wähler von FDP und Grünen hatten sich wie gewohnt verhalten und ihre Erststimme – die Kandidatenstimme – entweder der Union oder der SPD gegeben. Die Grünen-Wähler haben dadurch, unbeabsichtigt und aus alter Gewohnheit, ein – im Nachhinein betrachtet – sicheres Direktmandat verschenkt – es wäre das erste in Hessen gewesen. Gut möglich, dass solche Erfahrungen mittelfristig zu einem Rückgang des Stimmensplittings führen. Albert Funk

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