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Politik: Wahl in Jugoslawien: Manipulation und Unregelmäßigkeiten

Bei den jugoslawischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ist es am Sonntag zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen. Beobachtern zufolge fehlten in vielen Wahllokalen, besonders im Kosovo, Wahlkabinen.

Bei den jugoslawischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ist es am Sonntag zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen. Beobachtern zufolge fehlten in vielen Wahllokalen, besonders im Kosovo, Wahlkabinen. Wähler konnten ihre Stimme nicht geheim abgeben. Vertretern der Opposition sei der Zutritt zu Wahllokalen verwehrt worden, sie hätten weder Wählerlisten noch Urnen oder Stimmzettel überprüfen können.

"Es ist schlimmer denn je", sagte Marko Balgojevic vom Zentrum für freie Wahlen und Demokratie. "Ich glaube nicht, dass es seit der Steinzeit irgendwo Wahlen wie diese gegeben hat." In Negotin im Osten Jugoslawiens verschafften sich Oppositionsvertreter gewaltsam Zutritt zu einem Wahllokal und fanden dort eine Urne vor, die schon im Voraus mit Stimmzetteln zu Gunsten Milosevics gefüllt worden war.

Vertreter der Europäischen Union oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ließ die jugoslawische Regierung nicht als Wahlbeobachter zu. Stattdessen lud sie 200 Beobachter aus China, Russland, Irak und anderen freundlich gesinnten Ländern sowie Vertreter linker Parteien ein. Von Unregelmäßigkeiten im Kosovo berichtete der PDS-Politiker Matthias Gärtner dem Tagesspiegel. In einem Wahllokal im serbischen Teil der geteilten Stadt Kosovska Mitrovica habe es keine Wahlkabine gegeben. Auf Anraten der Beobachtergruppe von drei PDS-Politikern sei dann mit Tischen eine Wahlkabine improvisiert worden, sagte Gärtner. Im albanischen Teil habe es gar keine Wahllokale gegeben.

In der Stadt Caglavica im Kosovo wurde ein prominenter serbischer Regierungsgegner an der Stimmabgabe in seinem Heimatort gehindert. Die Behörden machten geltend, sein Name stehe nicht auf der Wählerliste. Momcilo Trajkovic, Mitglied der Partei Demokratische Opposition Serbiens, erklärte dagegen, er habe sein ganzes Leben in Caglavica verbracht. Milosevic gab sich am Vormittag bei der Stimmabgabe in Belgrad gelassen. Er glaube, die Wahl werde "Gutes für das Land und unser Volk" bringen, sagte er den staatlichen Medien. Sein Kontrahent Kostunica zeigte sich zuversichtlich: "Das Regime ist sich darüber bewusst, dass es diese Wahlen verliert, und das Volk hat keine Angst zu sagen, was es über eine solche Führung denkt." Aus Regierungskreisen in London verlautete am Sonntag, Mitarbeiter von Milosevic hätten der britischen Regierung Hinweise auf massive Wahlmanipulationen zukommen lassen. Neben dem Präsidenten wurde auch das Parlament gewählt. In Serbien fanden zudem Kommunalwahlen statt. Montenegros Regierung hatte zum Boykott der Parlamentswahl aufgerufen. Erhält keiner der fünf Präsidentschaftskandidaten die absolute Mehrheit, findet am 8. Oktober eine Stichwahl statt.

clw

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