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Die Todesstrafe ist nicht nur in Österreich ein Tabu. Frank Stronach brach es, als er ihre Wiedereinführung für "Berufskiller" forderte.

© dpa

Wahl in Österreich: Nächstenliebe, Penner, Todesstrafe

Mandatare bewegen sich auf Neonazi-Seiten, ein Politiker fordert die Wiedereinführung der Todesstrafe und die einen Rechtspopulisten graben den anderen das Fahrwasser ab. Der Wahlkampf in Österreich ist bunt und teils skurril – am Ende dürfte aber alles von den Machtambitionen eines Mannes abhängen.

Ganz Europa schaut im Moment nach Berlin. Aber auch in anderen Ländern steht die Zeit nicht still. Am 29. September wird in Österreich der Nationalrat gewählt. Während der deutsche Wahlkampf von vielen als langweilig und gemächlich betrachtet wird, fliegen in Österreich die Fetzen. Nachdem nun die Fernsehduelle begonnen haben – im Gegensatz zu Deutschland immerhin deren 15 – nimmt der Wahlkampf richtig Fahrt auf.

Merkel'sche Sozialdemokraten gegen ausgelaugte Konservative

Die zusammen mit den Konservativen regierenden Sozialdemokraten unter Bundeskanzler Werner Faymann gehen gebeutelt in die Wahl. Faymann war in der Vorgängerregierung Infrastrukturminister. In dieser Position soll er teure Inserate seines Ministeriums von Staatsbetrieben bezahlt haben lassen, um sich beim Zeitungsboulevard einzukaufen. Als es in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss um diese „Inseratenaffäre“ gehen sollte, wurde der Ausschuss kurzerhand beendet, bevor der Kanzler geladen werden konnte. Das hatte wochenlang für Empörung gesorgt.

Voraussichtlich werden die Sozialdemokraten auch in Zukunft den Bundeskanzler stellen. In den Umfragen liegen sie derzeit mit 26 bis 28 Prozent stabil an erster Stelle. Ihr Wahlkampf ähnelt dabei sehr dem von Angela Merkel. Dem Land geht es gut, die Arbeitslosenzahlen sind gering – mit 4,8 Prozent ist Österreich hier Spitzenreiter in der EU. Faymann, der sich als Staatsmann gibt, stellt immer wieder eine Frage, die den kompletten Wahlkampf der SPÖ dominiert: „Wollen Sie Österreich schlechtreden?“

Die konservative ÖVP mit Michael Spindelegger an der Spitze hat keine leichte Aufgabe: Obwohl sie seit 1987 durchgehend in der Regierung vertreten ist, muss sie klarmachen, was im Land falsch läuft. Dass der einflussreiche ÖVP-Politiker Christoph Leitl das Land als „abgesandelt“, also verpennert, bezeichnet, ist dabei nicht hilfreich. Spindelegger ist eher farblos und nüchtern, in seiner Partei kann er sich nicht durchsetzen. Die „Wirtschaft entfesseln“ will er – Töne, die man in Österreich mit Blick auf die Lehman-Krise nicht gerne hört. Die ÖVP liegt in den letzten Monaten stabil zwei bis drei Prozent hinter der SPÖ. Im Moment sieht es so aus, als würde die große Koalition – sie hat in Österreich eine lange Tradition – weiter bestehen. Das wird primär von Spindelegger selbst abhängen. Ihm stehen, im Gegensatz zur SPÖ, auch die FPÖ und die Partei des Milliardärs Stronach als Partner zur Verfügung.

Der Coup des Frank Stronach und der Mann, der entscheidet

Die weit rechts stehende FPÖ unter Heinz-Christian Strache konnte sich lange als lachende Dritte wähnen, während die alten Volksparteien erodierten. Zeitweise überholte sie die Konservativen und stellte vor kurzem sogar den „Kanzleranspruch“. In den Wahlkampf zieht Strache mit dem Spruch „Liebe deinen Nächsten. Für mich sind das unsere Österreicher“. Strache beteuert, er habe „noch nie einen Ausländerwahlkampf gemacht“. Wenig hilfreich ist für ihn dabei, dass einige seiner Abgeordneten auf internen FPÖ-Seiten bei Facebook mutmaßlich gegen das NS-Wiederbetätigungsverbot verstoßen haben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dazu laufen.

Lange Zeit war die FPÖ ein Sammelbecken für Protestwähler, doch dann kam der Selfmade-Unternehmer Frank Stronach aus Kanada zurück. Das „Team Stronach“ richtet sich an jene, die von der Politik enttäuscht sind, und das sind nach aktuellen Umfragen immerhin sieben bis neun Prozent der Wähler. In seiner Partei ist Stronach alleiniger Machthaber. Im Nationalrat sitzen seine Abgeordneten bereits. Er hatte die Reste der Splitterpartei BZÖ (mittlerweile bei zwei Prozent) mit großzügigen Spenden zu sich gebeten und umgeflaggt, was aufgrund der eher laxen Korruptionsregeln in Österreich möglich ist. Für Aufregung sorgte Stronach, als er die Wiedereinführung der Todesstrafe für „Berufskiller“ verlangte. Mit solchen und ähnlichen Aussagen bietet Stronach viel Angriffsfläche für politische Gegner, zieht aber Protestwähler an.

Die Grünen unter Eva Glawischnig starten ungünstig, obwohl ihnen in Wahlumfragen bis zu 16 Prozent zugetraut werden. Sie haben sich die letzten Jahre durch Aufdeckung diverser Korruptionsskandale profiliert, wollen aber nur mit der schwächelnden SPÖ koalieren. Ein Hoffnungsschimmer kann aber sein, dass sich viele Österreicher eine dritte Partei neben SPÖ und ÖVP in der Regierung wünschen.

Ausschlaggebend werden die Machtambitionen von Michael Spindelegger sein. Einer seiner Vorgänger, Wolfgang Schüssel, hat ihm gezeigt, wie es geht. Vor etwa zehn Jahren wurde Schüssel mit Hilfe von Jörg Haiders FPÖ Bundeskanzler, obwohl er nur auf dem dritten Platz gelandet war.

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