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Wahl: Opposition in Südafrika hofft auf Achtungserfolg

Der ANC droht der Verlust der Zweidrittelmehrheit. An der übermächtigen Stellung der Partei wird diese Wahl allerdings noch nichts Größeres ändern.

Helen Zille singt aus voller Kehle. Sichtlich animiert stimmt die Chefin der liberalen Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) in den Xhosa-Song „Vulindlela“ ein, den die schwarzen Frauen in Butterworth ihr zu Ehren zur Begrüßung singen. Über 1000 Unterstützer sind in die kleine Halle in dem Ort im Herzen des Ostkaps gekommen – der Heimat des regierenden ANC. Doch Helen Zille schreckt das nicht: „Eine blaue Welle wird schon bald über Südafrika hinwegspülen“, ruft die 58-Jährige mit Blick auf die Farbe ihrer eigenen Partei.

Bis zu einem solchen Wahlsieg wird sich Zille aber wohl noch eine Weile gedulden müssen. Zu dominant ist die Stellung des ANC, der noch immer von seiner Aura als Befreier zehrt. Immerhin werden Zilles DA gute Chancen eingeräumt, das Westkap vom ANC zu erobern – mit Zille als neuer Premierministerin. Sie würde dann ihren Posten als Bürgermeisterin von Kapstadt aufgeben.

Der ANC hofft dagegen, mit der heutigen Präsidentschaft- und Parlamentswahl einen Schlussstrich unter den Zwist in den eigenen Reihen zu ziehen – und sich unter Jacob Zuma, dem neuen starken Mann am Kap, neu zu sammeln. Seine große Popularität im Volk erklärt, weshalb Zumas angeschlagener ANC, der Südafrika seit der Machtübernahme vor 15 Jahren quasi allein regiert, auch bei dieser Wahl eine absolute Mehrheit erringen wird. Derzeit kontrolliert die Regierungspartei alle neun Provinzen und alle großen Metropolen im Land mit Ausnahme von Kapstadt. Für die junge Demokratie am Kap wäre es schon ein kleiner Erfolg, wenn der ANC zumindest seine gegenwärtige Zweidrittelmehrheit im Parlament aus dem Jahr 2004 (69 Prozent) verfehlen würde. Jüngsten Umfragen zufolge ist das wahrscheinlich. Allgemein werden dem ANC zwischen 60 und 65 Prozent der Stimmen prophezeit.

Der Hauptgrund für die Stimmenverluste des ANC liegt im Aufkommen einer neuen Oppositonspartei, die sich Ende vergangenen Jahre als Folge des Machtkampfes zwischen Zuma und Mbeki neu formierte. Seit seiner Gründung im Dezember 2008 ist der Congress of the People (Cope) zu einem Sammelbecken vieler unzufriedener ANC-Mitglieder geworden. „Bereits vorher waren viele der Ansicht, dass eine echte Alternative zum ANC nur aus einer Spaltung der Bewegung selber herrühren könne“ sagt der Analyst Aubrey Matshiqi.

Trotz des anfänglichen Medienrummels hat Cope es jedoch nicht geschafft, den ANC in Bedrängnis zu bringen. Interne Querelen, aber auch die Nähe vieler Mitglieder zum weithin unbeliebten Ex-Präsidenten Mbeki haben die neue Partei viele Sympathien gekostet. Auch der Wahlkampf wurde wegen der leeren Parteikasse zu spät begonnen und verbreitete keine Aufbruchsstimmung. Dennoch dürfte die von dem Geistlichen Mvume Dandala geführte Partei rund zehn bis 15 Prozent der Stimmen erhalten – ein Achtungserfolg für einen Newcomer, zumal in Afrika.

An der übermächtigen Stellung des ANC wird diese Wahl allerdings noch nichts Größeres ändern. Dabei hat die Hegemonie der Partei in der Gesellschaft das politische System am Kap bereits stark verkrustet und die Gewaltenteilung in der Verfassung unterhöhlt.

Winnie Mandela, die geschiedene Frau von Freiheitskämpfer Nelson Mandela, dürfte wie Jacob Zuma selbst nicht so falsch liegen, wenn sie erklärt, der ANC werde am Kap auf ewig herrschen. Wenn Südafrika dem Rest des Kontinents folgt, wird der ANC noch lange von der Aura zehren, das Land 1994 vom Joch der weißen Herrschaft befreit zu haben. Die jüngste Spaltung des ANC könnte diesen Prozess allerdings beschleunigen. Nicht wenige glauben wie der ehemalige Oppositionsführer Tony Leon, dass das Parteiensystem am Kap vor einem radikalen Umbruch steht. Für Südafrika könnten die Wahl und die jüngsten politischen Verwerfungen einen Einschnitt bedeuten.

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