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Anhänger und Mitglieder der rechtspopulistischen Schwedendemokraten feierten am Sonntagabend ihren ersten wahrscheinlichen Einzug ins Parlament.

© rtr

Wahlen: Zitterpartie für Schwedens Konservative

Premier Reinfeldt dürfte im Amt bleiben. Doch der Einzug der Rechtspopulisten könnte ihn die absolute Mehrheit kosten.

Nach den ersten Hochrechnungen hat Schwedens konservativer Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt die Wahlen am Sonntag klarer gewonnen als erwartet, muss aber um die absolute Mehrheit für seine Vier-Parteien-Koalition bangen. Nach einer ersten Berechnung der Sitze des Senders SVT kommt Reinfeldts Koalition im neuen Reichstag auf 174 Sitze gegenüber 155 für das sozialdemokratisch geführte Oppositionslager. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten können 20 Abgeordnete entsenden, so dass der bisherigen Regierung eine Stimme für die absolute Mehrheit fehlen könnte. Das Endergebnis wurde erst gegen Mitternacht erwartet.

Die fremdenfeindlichen Schwedendemokraten (SD)ziehen erstmals und deutlich über der Vierprozenthürde ins Parlament (5,7 Prozent) ein. Sie erhielten überraschend gleichmäßig Stimmen aus allen linken und rechten etablierten Parteien. Auch wenn die SD theoretisch ein Zünglein an der Waage zwischen den Blöcken werden könnte, haben beide politischen Lager eine Zusammenarbeit mit der Partei schon vor der Wahl klar ausgeschlossen. Zudem haben die Grünen bereits vorsichtig angekündigt in gewissen Fragen mit der bürgerlichen Regierung zusammenarbeiten zu wollen. „Erspart Schweden dieses Experiment“, hatte Reinfeldt zum Abschluss der Wahlkampfveranstaltungen am Samstagabend noch vor einem Erstarken der Rechtspopulisten gewarnt.

Bei der ersten Hochrechnung kam Reinfeldts konservative Partei auf das Rekordergebnis von 30,3 Prozent gegenüber 30,6 Prozent für die Sozialdemokraten. Dies wäre das schlechteste Ergebnis für die in Schweden traditionell dominierende Partei seit 100 Jahren. Die Sozialdemokraten verloren fünf Prozentpunkte im Vergleich zu 2006. Es wäre aber auch ein Rekordergebnis für Reinfeldts Partei, die damals auf 26,2 Prozent kam. Die Grünen konnten mit mit neun Prozent deutlich zulegen, vor vier Jahren hatten sie lediglich 5,24 Prozent erreicht. Die Linkspartei verbesserte ihr Ergebnis leicht auf 6,1 Prozent.

Die Schwedendemokraten ziehen zwar erstmals ins Parlament in Stockholm ein, sind aber kein neues Phänomen. Sie verfügen bereits in vielen Gemeinderäten über Sitze. Die Partei will die Immigration eindämmen und kritisiert Muslime sowie den Islam als nicht-schwedisch. Das Land gilt in Europa als einer der Staaten, der Einwanderer besonders großzügig aufnimmt. Einwanderer machen nach einer Studie der Vereinten Nationen aus dem vergangenen Jahr 14 Prozent der schwedischen Bevölkerung aus. Die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Mona Sahlin kam bei den Wählern offensichtlich nicht gut an. Auch aus den eigenen Reihen wird ihr nun Versagen vorgeworfen. Ähnlich wie im einst ebenfalls sozialdemokratisch dominierten Dänemark verliert die jahrzehntelang von absoluten Mehrheiten verwöhnte Arbeiterpartei Wähler nach links und immer mehr auch nach rechts. Der Arbeiter-Generation, der sie den sozialen Aufstieg ermöglichte, wählt sie immer weniger. Zudem ist die Umorientierung der „alten“ Arbeiterpartei unter Ex-Ministerpräsident Göran Persson hin zur politischen Mitte nicht aufgegangen.  „Wir sind Schwedens einzige Arbeiterpartei“ verkündete der Konservative Reinfeldt im Wahlkampf ein bisschen frech, aber erfolgreich auf den Marktplätzen und profilierte sich als sozial ausgewogener und vor allem kompetenter Hüter des von den Sozialdemokraten aufgebauten Sozialsystems.

Die Kommentatoren waren sich am Sonntagabend einig, dass die Wähler vor allem das erfolgreiche Management Reinfeldts und seines populären Finanzministers Anders Borg in der Finanzkrise belohnt haben. Schwedens Wirtschaft steht nicht schlecht da. Borg meinte wenige Tage vor der Wahl selbstbewusst: „Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Sonne über der schwedischen Wirtschaft strahlt.“ Die Wirtschaftsleistung des Neun-Millionen-Einwohner-Landes stieg im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt derzeit bei acht Prozent. (mit dpa/rtr)

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