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Schaffen Sie es in diesem Jahr auch in den Berliner Senat? Mitglieder der Piratenpartei demonstrieren im Jahr 2009 vor dem Brandenburger Tor. Die Entwicklung der Partei stagniert derzeit.

© dapd

Piraten bei der Hamburg-Wahl: Trockendock statt Kaperfahrt

Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg wiederholen die Piraten mit 1,9 Prozentpunkten ihr Ergebnis der Bundestagswahl und stagnieren damit deutlich unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Der Bundesgeschäftsführer kritisiert jetzt die Medienstrategie seiner Partei.

Es gibt zwei Sichtweisen auf die momentane Situation der Piratenpartei. Die eine: Die Piraten treten auf der Stelle. Die andere: Die Piraten konsolidieren sich. Die jüngsten Ergebnisse lassen beide Deutungen zu: Bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen erreichte die Partei 2,1% der Stimmen. Das entspricht in etwa dem Stimmenanteil, den die Piraten schon bei der Bundestagswahl 2009 für sich verbuchen konnten. Im Vergleich zu den letzten Bürgerschaftswahlen in Hamburg steigerte man sich jedoch um 1,9 Prozentpunkte – und erreichte damit das beste Ergebnis bei Landtagswahlen in der noch jungen Geschichte der Partei.

Was sich zunächst ganz gut anhört, könnte genauso als ein Hinweis gewertet werden, dass man auf der Stelle tritt bei den Piraten. Gestützt wird diese These durch ein erstes Fazit des politischen Geschäftsführers der Partei, Christopher Lauer, auf dessen Facebook-Seite: „Das Ergebnis könnte besser sein, ist allerdings angesichts der Kurzfristigkeit der Wahl okay.“ Das Ergebnis erde und zeige auf, "dass der Weg zu den von uns gewünschten 5% eher ein Marathon als ein Sprint zu sein scheinen". Begeisterung klingt anders.

2011 sei das „entscheidende Jahr“ für die Piratenpartei, sagt Marcel Solar, Parteienforscher an der Uni Bonn, auf Anfrage von Tagesspiegel Online. Das Hamburger Ergebnis bezeichnet er als „denkbar schlechten Auftakt“ in das Superwahljahr: „Denn wenn es dieses Jahr klappen soll mit den Piraten, dann in den Stadtstaaten. Aber wenn es da schon nicht klappt, ist das eine Hypothek“, so Solar. Noch dazu, da die Bedingungen in der kleinräumigen Hansestadt mit seinen vielen Studenten eigentlich „sehr günstig“ seien für die Piratenpartei, besonders im Vergleich mit den Flächenländern.

So fällt auch die langfristige Prognose des Forschers einigermaßen pessimistisch aus: Sollte die Piratenpartei in diesem Jahr keine Zuwächse verzeichnen und keine sichtbaren Erfolge einfahren können, sei sie wohl einfach als ein „vorübergehendes Phänomen“ einzustufen, könnte nach Einschätzung Solars also alsbald wieder aus der Parteienlandschaft verschwinden.

Solar bezweifelt, dass die von den Piraten angestrebte Ausweitung des Parteiprogramms auf zivilgesellschaftliche Themen jenseits der Netzpolitik und der digitalen Bürgerrechte, für die die Partei vor allem bei jungen Wählern beliebt ist (Auch in Hamburg erreichten die Piraten bei den Erstwählern ein Ergebnis jenseits der sechs Prozent), zum Erfolg führen werden: „Ich glaube, dass die anderen Politikfelder schon in dem Maße von den anderen Parteien bestellt werden, dass es für die Piraten sehr, sehr schwierig wird, in diesen Bereichen als kompetent wahrgenommen zu werden.“ Allenfalls bei der Frage der Existenzsicherung durch bedingungsloses Grundeinkommen könne die Partei punkten, da sich die Etablierten an dieses Thema nicht so recht herantrauten.

Pirat Christopher Lauer sieht die inhaltliche Entwicklung hingegen durchaus positiv: Das Image der Piraten als reine „Spaßpartei“ sei spätestens seit dem Chemnitzer Parteitag von 2009 ungerechtfertigt, so Lauer gegenüber Tagesspiegel Online. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl seien die Piraten von den Medien instrumentalisiert worden, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit deren Positionen habe es nicht gegeben, sagt Lauer, der auch beteuert, dass die Piratenpartei kontinuierlich an ihrem linksliberalen Profil und an der Weiterentwicklung ihres Programms arbeite. Natürlich habe man noch kein Vollprogramm, thematisch aber durchaus einiges mehr zu bieten als „nur Internet“: Neben der Frage nach einem Recht auf Existenzsicherung („Jeder Mensch soll sein dürfen“) werde die Partei auch in der Familienpolitik immer stärker. Das derzeitige Programm hält er für „das Liberalste, was es momentan in Deutschland gibt“.

Das Hauptproblem seiner Partei sieht Lauer vielmehr in einer wenig ausgereiften Strategie im Umgang mit den Medien. Zwar schafften es die Piraten inzwischen, auch ohne großen Medienhype, ihre Stammwählerschaft – allein die Existenz einer solchen ist bei einer noch so jungen Partei erstaunlich genug – zur Wahlurne zu bewegen. Trotzdem gesteht Lauer Probleme bei der Erschließung neuer Wählerschichten ein, wenn er sagt: „Es ist an der Zeit, unsere Themen so zu vermitteln, dass sie in der breiten Bevölkerung ankommen.“

Ob die Vermittlung der Inhalte in Zukunft besser gelingt, können die Piraten bei den noch in diesem Jahr bei den sechs noch ausstehenden Landtagswahlen beweisen, darunter auch in den beiden anderen Stadtstaaten Bremen (22. Mai) und Berlin (18. September).Wie genau man sich gerade in Berlin besser aufstellen wolle, das wollte Lauer am Montag aber noch nicht verraten.

Johannes Süßmann

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