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Rot-Rot-Grün in NRW: Radikale Töne lassen SPD und Grüne zögern

SPD und Grüne in NRW fragen nach Verfassungs- und Parlamentsverständnis der Linken - und reden mit ihr über eine Koalition.

Armin Laschet lag daneben. Der Düsseldorfer Integrationsminister hatte in der Vergangenheit besonderen Eifer entwickelt, wenn der Abgeordnete Rüdiger Sagel im Landtag sprach. Viele erinnern sich daran, wie der CDU-Politiker den 2007 zu den Linken abgewanderten ehemaligen Grünen immer mal wieder mit dem Satz unterbrach: „Sie werden doch vom Verfassungsschutz überwacht, Herr Sagel“. So wollte der Minister seine Abneigung gegen die kapitalismuskritischen Beiträge des inzwischen über die Liste der Linkspartei wiedergewählten Abgeordneten ausdrücken. Laschet hat allerdings einen Fehler gemacht: Sagel wurde und wird nicht überwacht. In einem langwierigen Verfahren über eine parlamentarische Anfrage und am Ende über seinen Anwalt hat Sagel am Tag vor der Wahl schriftlich bestätigt bekommen, dass der Geheimdienst ihn nicht im Visier hatte.

Für Sagel ist diese kleine Episode ein Beleg dafür, wie sehr man ihn und seine bunte Truppe zu diskriminieren versucht. Zur Stimmung freilich hat auch beigetragen, dass es in der Bundespartei lange Vorbehalte gegen den linken NRW-Landesverband gab. In der Tat gehören sieben der elf neuen Abgeordneten Organisationen an, denen sich der Verfassungsschutz widmet und die mindestens im Verdacht stehen, verfassungsfeindliche Ziele zu unterstützen. Mal ist jemand für die „Rote Hilfe“ aktiv, die sich auch um einsitzende Terroristen kümmert, dann wieder stehen andere offensichtlich der verbotenen kurdischen PKK nahe. Nicht wenige der neu gewählten Abgeordneten gehören der Strömung Antikapitalistische Linke an, einer Gruppe um die Kommunistin Sahra Wagenknecht, die ebenfalls im Visier der Verfassungsschützer steht. Wolfgang Zimmermann, Fraktionsvorsitzender und Noch-Landesparteichef, etwa ist mit seiner Mitgliedschaft in der Parteiströmung immer offensiv umgegangen.

Wenn sich SPD und Grüne nach dem Verfassungs- und Parlamentsverständnis der Linken erkundigen und in diesem Zusammenhang kritische Bemerkungen einstreuen, hat dies auch mit dem Auftreten der Linken selbst zu tun. Bis vor wenigen Wochen haben viele linke Kandidatinnen und Kandidaten mit radikalen Sprüchen lustvoll provoziert. Der Wind hat sich erst relativ kurz vor der Wahl gedreht – so kurz, dass es sowohl in der SPD als auch bei den Grünen Zweifel gibt, ob der verkündete Wille der Linken zum Schmieden eines Regierungsbündnisses wirklich ernst gemeint ist. Der linke Landtagsabgeordnete Michael Georg Aggelidis warnte noch am Tag nach dem Urnengang vor einer möglichen Koalition. „Eine Regierungsmitverantwortung wie in Berlin und Brandenburg wäre ein Rückschritt und würde Tendenzen zur Resignation fördern“, schrieb der Bonner Abgeordnete zusammen mit Parteifreunden in einem Thesenpapier. Er meint, dass eine direkte Einbindung in eine Regierung „jede emanzipatorische Rolle der Linken unweigerlich zerstören“ würde. Der Beitrag wurde auch auf der Internetseite der Linken veröffentlicht – kurz vor dem Sondierungsgespräch an diesem Donnerstag ist er gelöscht worden.

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