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Sylvia Löhrmann, grüne Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen.

© dpa

Sylvia Löhrmann: Betriebspsychologin in Mittelposition

Die grüne Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann beweist, dass Ehrlichkeit und Flexibilität sich in der Politik auch auszahlen können.

Die Macher der Fernsehdebatte haben lange nachgedacht. Sie hatten sich den Kopf zerbrochen, wie sie fünf Spitzenpolitiker auf der Bühne platzieren. Die Animositäten der Spitzenkandidaten waren ihnen bewusst, Jürgen Rüttgers (CDU) und Hannelore Kraft (SPD) direkt nebeneinanderzusetzen, war schlecht möglich, weil sich die beiden nicht mögen. Am Ende nahmen die Fernsehleute die Reihenfolge des Landtages: Dort sitzen die Grünen in der Mitte zwischen CDU und SPD; die Liberalen rechts, und weil die Linke – sollte sie den Sprung ins Parlament schaffen – links sitzen soll, übernahmen die WDR-Kollegen diese Anordnung.

Sylvia Löhrmann hatte erkennbar Spaß daran, in der Mitte zu stehen. Schon bei den Bildern vor der Debatte versprühte sie gute Laune. Die Grünen, das sagen alle Demoskopen voraus, dürften an diesem Wochenende damit rechnen, ihr bestes Ergebnis einzufahren. „Wir sind auf jeden Fall die dritte Kraft im Lande“, sagte Sylvia Löhrmann schon vor dem amtlichen Endergebnis. „Die ist wirklich freundlich“, sagen jene, die täglich mit ihr arbeiten, und sie verstehen das als Kompliment. Dabei dirigiert diese Frau seit mehr als zehn Jahren die grüne Fraktion im Düsseldorfer Landtag, die als nicht gerade einfach gilt. Sie hat das geschafft, weil sie nicht ständig ins Rampenlicht drängt und sich nicht dagegen aufgelehnt hat, dass die grünen Kabinettsmitglieder Bärbel Höhn und Michael Vesper bis 2005 die Bühne für sich beanspruchten. „Sie ist wie eine Art Betriebspsychologin“, urteilt einer, der sie schon lange beobachtet hat. Während diese Einschätzung für andere Politiker tödlich wäre, scheint sie Sylvia Löhrmann nicht zu schaden.

So steht sie am Abend der Fernsehdebatte zwischen Kraft und Rüttgers. Mit der einen würde sie gerne regieren, den anderen würde sie gerne ablösen. Wer es präziser haben möchte, für den ergänzt sie: „Wir wollen grüne Politik durchsetzen, dafür trete ich an.“ Natürlich ist damit ein schwarz-grünes Bündnis, selbst mit Jürgen Rüttgers, nicht völlig ausgeschlossen, und das gibt Sylvia Löhrmann auch offen zu. Während andere Politiker für diese Art Offenheit und Flexibilität gescholten würden, übersteht die grüne Spitzenkandidatin solche Debatten weitgehend ohne Schrammen.

Sie kann es sich sogar leisten, am Abend des Duells vor allem Rüttgers zu attackieren. Und trotzdem wird hinterher niemand sagen, sie habe jetzt alle Türen zugeschlagen. „Sie ist sachlich und weiß meistens, worüber sie redet“, sagen jene, die sie bei innerparteilichen Konflikten erlebt haben und sich nicht mehr darüber wundern, wie sie die Enden zusammenbindet. Möglicherweise hat das damit zu tun, dass sie weitgehend frei von den im politischen Geschäft üblichen Eitelkeiten ist. „Ich brauche das nicht für mein Ego“, lautet ihre Antwort, wenn man sie direkt danach fragt. Ungewöhnlich ist auch ihr Bekenntnis zum Glauben, mit dem sie den einen oder anderen in den eigenen Reihen verschreckt hat. „Der Glaube ist ein gutes Fundament fürs Leben“, sagt sie. Selbst das Bekenntnis, dass ihr einst Rainer Barzel (CDU) näher als Willy Brandt (SPD) war, scheint ihr nicht geschadet zu haben. Selbstbewusst sagt sie: „Dann werdenwir mal sehen, was geht und mit wem wir ein Maximum grüner Ziele umsetzen können.“ Es sieht ganz so aus, als wenn dies eine erfolgreiche Strategie wäre.

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