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Einander nicht rot. Jens Bullerjahn (links) und Wulf Gallert.

© Thilo Rückeis

Wahl in Sachsen-Anhalt: In der Mehrheit, aber nicht in der Stimmung

Rot-Rot ist in Magdeburg rechnerisch wieder möglich – einen Ministerpräsidenten der Linken aber will die SPD nicht.

Von Matthias Meisner

Berlin - Der Störenfried saß am Sonntagabend daheim bei der Familie in Neu-Poserin, Landkreis Parchim, Mecklenburg. Erst vor ein paar Tagen hatten die Genossen der Linkspartei im Nordosten André Brie zum Wahlkampfchef für die Landtagswahl im Herbst in seinem Bundesland bestimmt. Und der frühere PDS-Stratege, bis 2009 Europaabgeordneter seiner Partei, sagte auf Anfrage des Tagesspiegels Dinge, die seine Parteifreunde nicht mal denken möchten: dass die Linke jetzt über ihren Schatten springen, der SPD entgegenkommen und also im Ernstfall auch den Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt in einem Linksbündnis drangeben müsse. „Wenn die Inhalte stimmen, halte ich das für wichtiger als die Ministerpräsidentenfrage“, sagt Brie.

Es ist eine Einzelmeinung an diesem Abend. Die Führung der Linken hat sich schon am Nachmittag verständigt, dass es nach dieser Wahl keine Spielchen mit der SPD, keine Kompromisse geben sollte – und damit die Linie aus dem Wahlkampf bekräftigt. Ungut in Erinnerung sind noch die Versuche, vor eineinhalb Jahren in Thüringen ein Linksbündnis unter Verzicht auf das Amt des Regierungschefs zu schmieden. Die Konstellation war damals ähnlich wie jetzt in Sachsen-Anhalt: die CDU vorn, gefolgt von Linkspartei und SPD. Auch die Grünen hatten damals den Wiedereinzug in den Landtag geschafft, für ein Linksbündnis hätten Linke und SPD jedoch die Öko-Partei seinerzeit in Erfurt nicht gebraucht, so wie jetzt auch in Magdeburg nicht. Wochenlang aber wurde über Optionen verhandelt, doch noch die CDU-Regierung abzulösen – es ging etwa um einen parteilosen Ministerpräsidenten oder um den Wechsel des Regierungschefs zur Mitte der Legislaturperiode von einer zur anderen Partei. Am Ende mangelte es am notwendigen Vertrauensverhältnis der potenziellen Partner, wie Beteiligte resümieren. Thüringen hat seitdem ein schwarz-rotes Regierungsbündnis.

Viele im linken Lager rechnen damit, dass es in Sachsen-Anhalt ähnlich laufen wird. Im Willy-Brandt-Haus in Berlin unterstreicht die SPD am Sonntag die Wahlkampfaussage, dass ein linker Ministerpräsident auf keinen Fall gewählt werden wird. Andrea Nahles sagt das, die an diesem Abend den ersten öffentlichen Auftritt nach ihrer Babypause hat. Parteichef Sigmar Gabriel ist erkrankt. Er hat noch am Wochenende im Gespräch mit der „Saarbrücker Zeitung“ unterstrichen, seine Partei werde niemand zum Ministerpräsidenten machen, der die „solide Finanzpolitik“ von SPD-Finanzminister Jens Bullerjahn zugrunde richte. Nahles versichert, es werde keinen „Wortbruch“ geben. Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, erteilt einem von der Linkspartei geführten rot-roten Bündnis ebenfalls eine Absage. Die Landes-SPD werde aber „prüfen, welche Optionen es für einen SPD-Ministerpräsidenten gibt“, kündigt er an.

Der Ansage der Linkspartei nach – Brie bleibt die Ausnahme – sind das keine. Bodo Ramelow, Fraktionschef in Thüringen, erwartet zwar eine Doublette der Verhandlungen von 2009 in Thüringen, des „Dramas“, wie er sagt. Seinen Genossen rät er, als gebranntes Kind, strikt von solchen Gesprächen ab. Die SPD verfüge in Magdeburg „nicht über die Potenz“, um sich aus den Armen der CDU zu befreien, sagt er: „Ich glaube nicht daran, dass die SPD in Sachsen-Anhalt den Mut und die Kraft hat, einen Politikwechsel einzuleiten. Ich befürchte, es wiederholt sich das Schauspiel von Thüringen.“ Auch Jan Korte, in Sachsen-Anhalt gewählter Bundestagsabgeordneter und einer der Wortführer des Reformerflügels, sieht keinen Spielraum für einen Rückzug des eigenen Spitzenmanns Wulf Gallert: „Das ist bei uns keine Diskussion. Es gelten die demokratischen Spielregeln.“ mit has

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