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Bereitet sich schon auf das Leben im Weißen Haus vor. Hillary Clinton. Ist sie sich zu sicher?

© AFP

Wahlkampf in den USA: 15.000 E-Mails machen Clinton Probleme

Die Demokratin soll den Behörden tausende E-Mails vorenthalten und Großspendern Gefallen getan haben. Aber auch Trump verheddert sich in Widersprüche.

Sie liegt in den Umfragen deutlich vorne, ihr Rivale Donald Trump stolpert durch den Wahlkampf, das Weiße Haus scheint zum Greifen nahe: Hillary Clinton, so berichten die Zeitungen, bereitet sich schon auf das Leben als US-Präsidentin vor. Doch nun wird die 68-Jährige erneut von politisch gefährlichen Vorwürfen eingeholt. In ihrer Zeit als Außenministerin sollen Großspender der von ihr und ihrem Mann Bill betriebenen Stiftung privilegierten Zugang zu ihr selbst und zum Ministerium genossen haben. Gegner der Politikerin sprechen von neuen Beweisen für eine unheilvolle Verquickung privater und dienstlicher Interessen.

Elf Wochen vor der Wahl im November muss sich Clinton gleich mit zwei unterschiedlichen Problemen herumschlagen, die beide mit ihrer Zeit als Außenministerin zu tun haben. Zum einen legte die konservative Gruppe Judicial Watch einen Bericht vor, der sich auf E-Mails der Clinton-Mitarbeiterin Huma Abedin stützt und der eine Vorzugsbehandlung für Freunde der Clinton-Stiftung belegen soll. Laut Medienberichten empfing Clinton als Ministerin den Kronprinzen von Bahrein, nachdem die Stiftung darum gebeten hatte und dabei betonte, der Kronprinz sei „ein guter Freund“ der Organisation. Auch der Sänger der Rockband U2, Bono, soll das Clinton-Ministerium um einen Gefallen gebeten haben.

Die Nachrichtenagentur AP berichtete am Dienstag, mehr als die Hälfte der nicht regierungsamtlichen Gesprächspartner Clintons in ihrer Zeit als Ministerin hätten Geld für die Clinton-Stiftung gespendet. Schon vor den jüngsten Enthüllungen hatten Millionenspenden für die wohltätige Stiftung aus dem Ausland die Frage aufgekommen lassen, ob für eine Präsidentin Clinton bei außenpolitischen Entscheidungen wirklich nur die Interessen der USA wichtig wären. Bill Clinton hat zwar erklärt, bei einem Wahlerfolg seiner Frau werde die Stiftung keine Spenden aus dem Ausland mehr annehmen, doch Kritikern reicht das nicht. Trump zum Beispiel fordert, die Stiftung müsse sofort dichtgemacht werden. Zudem verlangt er die Einsetzung eines Sonderermittlers.

Doch die Stiftung ist nicht Clintons einziges Problem. Schon lange sieht sie sich Vorwürfen gegenüber, weil sie als Ministerin einen privaten Mailserver nutzte und viele E-Mails aus dieser Zeit löschte. Zwar hatte die amerikanische Bundespolizei FBI auf eine Strafverfolgung Clintons verzichtet. Doch Clintons Behauptung, sie habe den Behörden alle Dienst- Mails zur Verfügung gestellt, gerät immer mehr ins Zwielicht. So wurde nun der Fund von 15 000 Mails bekannt, die Clinton offenbar den Behörden vorenthalten hatte. Ein Richter ordnete am Montag die rasche Veröffentlichung der Dokumente an.

Der „New York Times“ zufolge sollen die Mails im Außenministerium auf eventuell vertrauliche Inhalte untersucht werden. Frühestens im Oktober sei dann mit einer Veröffentlichung zu rechnen – wenige Wochen vor der Wahl. Die Republikaner gehen schon jetzt zum Angriff über. Hillary Clinton sei einfach unfähig, die Wahrheit zu sagen, erklärte der Parteivorsitzende Reince Priebus. Die neuen Vorwürfe könnten die Bemühungen der bei vielen Amerikanern unbeliebten Politikerin unterlaufen, ihr Image als selbstsüchtige Strippenzieherin abzustreifen und sich als vertrauenswürdige Führungspersönlichkeit zu profilieren.

Für Donald Trump sind Clintons Schwierigkeiten ein Geschenk des Himmels, denn sie lenken von den zunehmenden Ungereimtheiten in seinem eigenen Wahlkampf ab. So hatte der Populist am Wochenende zuerst eine Kehrtwende in seiner harten Haltung beim Umgang mit den rund elf Millionen illegalen Einwanderern in den USA angedeutet und dann eine Änderung seiner Haltung dementiert. Das Hin und Her ist eine politische Spagat-Übung, mit der Trump moderate Wähler anziehen will, ohne seine ausländerfeindlichen Anhänger zu verprellen. So ganz funktioniert das jedoch nicht.

Mit der Forderung nach Massenabschiebungen von Flüchtlingen und dem Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko zur Abwehr neuer Zuwanderer hatte Trump vor allem bei weißen Amerikanern mit mittlerer oder niedriger Bildung Millionen von Anhängern gewonnen. Experten sind sich jedoch einig, dass der Milliardär mit seiner rechtsnationalistischen Kernanhängerschaft allein die Wahl am 8. November nicht gewinnen kann. Bei Frauen mit hohem Bildungsgrad – die bei der Wahl 2012 noch mehrheitlich die Republikaner wählten – liegt Trump 30 Prozentpunkte hinter Clinton. Bei ethnischen Minderheiten wie den hispanischen und schwarzen Wählern liegt Clinton noch weiter in Führung.

Am Wochenende traf sich Trump mit einem neu gegründeten Beratergremium hispanischer Politiker. Laut Presseberichten betonte Trump bei dem Treffen, seine Forderung nach Massenabschiebungen der vorwiegend mittelamerikanischen illegalen Migranten sei nicht in Stein gemeißelt.

Als der Nachrichtensender CNN bei Trumps neuer Wahlkampfberaterin Kellyanne Conway nachfragte, ob der Kandidat bei seiner Forderung nach Bildung einer Sondereinheit für die Abschiebungen bleibe, antwortete diese: „Das wird noch zu entscheiden sein.“ Trump selbst bestritt, dass er seine Position geändert habe. Er wolle ein „faires, aber striktes“ Verfahren beim Umgang mit den Einwanderern. Ob er an Massenabschiebungen festhält, sagte er nicht.

Mit den vagen Äußerungen wolle Trump für moderate Republikaner wählbarer werden und trotzdem für seine radikalen Anhänger attraktiv bleiben, analysierte die „Washington Post“. Einem ähnlichen Muster folgend, hatte er bereits seine umstrittene Forderung nach einem generellen Einreisestopp für Muslime durch eine Ankündigung strengerer Visa-Kontrollen ersetzt, ohne die verschärften Kriterien genauer zu erläutern.

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