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Wahlkampf in den USA: Clinton will die Krankenversicherung für alle

Die Krankenversicherung ist in den USA zu einem heißen Wahlkampfthema geworden. Noch immer haben in dem Land rund 50 Millionen Menschen ohne Versicherungsschutz. Für die Republikaner ist das Thema "Sozialismus".

Die USA werden unter einem demokratischen Präsidenten eine allgemeine Krankenversicherung einführen. Hillary Clinton, die in den Umfragen führt, erläuterte im Wahlkampf in Iowa ihre Zusage, den rund 50 Millionen Bürgern ohne Absicherung einen Mindestschutz zu verschaffen. Ihre demokratischen Konkurrenten Barack Obama und John Edwards haben ähnliche Pläne. Clintons Vorhaben wird besonders beobachtet, weil ihr Mann Bill sie zu Beginn seiner Präsidentschaft mit einer Gesundheitsreform beauftragt hatte, die 1994 an der republikanischen Kongressmehrheit scheiterte.

Bisher deckt das US-Versicherungssystem etwa fünf Sechstel der 300 Millionen Bürger ab. Alle Amerikaner über 65 sind staatlich abgesichert in „Medicare“. Wer jünger ist, in der Verwaltung oder einem größeren Unternehmen arbeitet, hat Zugang zu einem Gesundheitsplan, der von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam finanziert wird. Geht der Job verloren, erlischt die Versicherung. Kleinere Firmen bieten ihren Angestellten aus Kostengründen meist keine Versicherung an. Viele müssen sich also privat absichern, was Beziehern niedriger Einkommen oder Gelegenheitsarbeitern aber zu teuer ist. Selbst eine gute Versicherung deckt weniger Risiken ab als in Deutschland. Private Zuzahlungen zwischen 10 und 50 Prozent der Arzt- und Krankenhauskosten sind die Regel. Die meisten Versicherungen haben eine Deckelung, für welche Maximalsumme die Versicherung über die Lebenszeit aufkommt.

Hillary Clinton möchte alle Bürger zwingen, eine Krankenversicherung abzuschließen, ihnen aber die Wahl lassen, welche. Sie und ihre demokratischen Konkurrenten wollen Versicherungskonzernen vorschreiben, jeden Antragsteller unabhängig von seiner Krankheitsgeschichte aufzunehmen. Kleine Unternehmen erhalten Steuererleichterungen, armen Bürgern soll der Staat helfen, die Prämie zu bezahlen. Die Kosten werden auf 90 bis 120 Milliarden Dollar pro Jahr veranschlagt. Zur Finanzierung wollen Clinton, Obama und Edwards Präsident Bushs Steuererleichterungen für Großverdiener abschaffen. Zudem hoffen sie auf Einsparungen in zweistelliger Milliardenhöhe im System. Wer heute unversichert erkranke, komme in die Notaufnahme – das sei die teuerste Versorgung und dafür müssten die Steuerzahler aufkommen.

Diese Kostenschätzungen stoßen aber auf Misstrauen. US-Medien betonen, die Verwaltung wachse zwangsläufig, wenn 50 Millionen Unversicherte zusätzlich ins System kommen. Die Republikaner verhöhnen die Vorschläge als „Sozialismus“. Sie sind für ein rein privates Versicherungssystem, in dem die Bürger ihre Krankheitskosten vom Steuereinkommen abziehen. Doch auch bis tief in die Demokratische Partei hinein gilt das europäische Modell einer allgemeinen Krankenversicherung als abschreckend. „Mehr Staat“, „mehr Bürokratie“, „weniger Eigenverantwortung“ oder gar „Solidargemeinschaft“ sind für amerikanische Ohren Horrorbegriffe. Clintons Vorschlag von 1994 scheiterte auch, weil viele Bürger glaubten, „Hillarycare“ nehme ihnen die Wahlfreiheit bei Versicherungsumfang und Arztwahl und presse alle in ein gemeinsames System.

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