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Wahlkampf-Kolumne: Auf die Lobbytour

Eine PR-Firma gibt Tipps zum Umgang mit dem Thema Atomkraft. Dagmar Dehmer über einen untauglichen Kommunikationsversuch.

Sigmar Gabriel hat sich nicht an das Drehbuch gehalten, das die Berliner PR-Firma PRGS im vergangenen November für den Energiekonzern Eon verfasst hat. In einem „Kommunikationskonzept Kernenergie“ hat die Agentur vor dem Thema gewarnt. „Die Thematisierung der Kernenergie im Wahlkampf ist nicht im Sinne Eons“, heißt es darin an einer Stelle. Geraten wurde zu „diskreter PR“, zur Akquirierung von Bloggern. Sie sollten in einschlägigen Foren die Gleichung „Atomenergie plus erneuerbare Energien gleich Klimaschutz“ unterbringen. Ansonsten solle der Konzern sein Image grün aufpeppen. Zudem weist die PR-Agentur darauf hin, dass sich auch die latente Furcht vor einer Importabhängigkeit von russischem Erdgas als Argument für die Kernkraft nutzen lasse. Nur der Umweltminister hatte andere Pläne und hat aus dem Atomthema eines der wenigen umstrittenen Wahlkampfthemen gemacht.

So wie in diesem Papier haben sich Verschwörungstheoretiker die Verstrickungen zwischen Konzernen und Politik schon immer vorgestellt. Sogar die vermuteten parteipolitischen Präferenzen der führenden Energiejournalisten werden ausgebreitet, und „unabhängige Fachleute“ für die eigene Argumentation empfohlen. Die grüne Fraktionsvize Bärbel Höhn sagt: „Insgesamt lässt die Strategie den Schluss zu, dass Union und FDP in energiepolitischen Fragen von den Stromkonzernen ferngesteuert werden.“ Die vorgeschlagenen Argumente fänden sich häufig eins zu eins bei den entsprechenden Politikern wieder, stellt Höhn fest. Damit meint sie zum Beispiel die Kanzlerin. Angela Merkel (CDU) spricht, wie von der Agentur empfohlen, davon, dass die Atomenergie eine „Brückentechnologie“ sei. Und die FDP betont immer wieder den Klimanutzen.

Allerdings bestreiten Eon und PRGS, dass es jemals einen Auftrag für dieses „Kommunikationskonzept“ gegeben hat. Zwar bestreiten beide Seiten nicht, dass PRGS für Eon gearbeitet hat. Doch in diesem speziellen Fall spricht ein Sprecher der PR-Agentur von einem „Akquise-Konzept“, das es auf stolze 109 Seiten bringt. Etwas verschämt sagt er, bei der Einarbeitung ins Thema habe die Firma jedoch feststellen müssen, dass sie „keine neuen Argumente“ habe finden können. „Inzwischen haben wir uns aus dem Feld zurückgezogen“, beteuert der Sprecher. Greenpeace hat das Papier nun öffentlich gemacht.

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