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Wahlsystem: Ein Schuss Mehrheitswahlrecht

Wenn die rund 50 Millionen Wahlberechtigten am Sonntag an die Urnen treten, stimmen sie in einem komplizierten Verhältniswahlrecht ab, das Berlusconis Regierung noch Ende 2005 einführte.

Das alte Wahlsystem war in den Nachkriegsjahrzehnten für die Instabilität der Regierungen mitverantwortlich gemacht und deshalb 1993 zugunsten des Mehrheitswahlrechts abgeschafft worden. Dennoch belebte es Berlusconi wieder - mit einigen Modifizierungen. Mit einem "Schuss" Mehrheitswahlrecht für mehr politische Stabilität ist das heute in Italien geltende Verhältniswahlrecht garniert. Im Parlament werden die Parteien zwar nach ihrem Stimmenanteil repräsentiert. Die siegreiche Partei oder das siegreiche Bündnis bekommt aber automatisch mindestens 340 der insgesamt 630 Sitze - selbst bei nur einer Stimme Vorsprung.

Auch in der zweiten Kammer, dem Senat, gibt es eine "Siegerprämie". Sie wird aber nicht entsprechend der landesweiten Ergebnisse verteilt, sondern richtet sich nach den Resultaten in den 20 Regionen: Je bevölkerungsreicher eine Region dabei ist, desto stärker wird ihr Stimmenanteil gewichtet. Auf alle 20 italienischen Regionen entfallen zusammen 315 Mandate. Bei der Parlamentswahl im April 2006 bescherte diese Besonderheit des Wahlrechts der Mitte-links Koalition von Romano Prodi die Mehrheit im Senat - sie kostete ihn Anfang 2007 allerdings auch das Amt. Denn die Partei, die Prodi mit ihrem Ausscheren aus der Koalition das Genick brach, vereinte bei den Wahlen zwar nur 1,4 Prozent der Stimmen auf sich, verfügte aber über drei wichtige Senatorenposten.

Für den Einzug ins Parlament setzt das Wahlgesetz Hürden: Parteienbündnisse müssen mindestens zehn Prozent der Stimmen erlangen, einzeln antretende Parteien mindestens vier Prozent. Für den Senat gilt eine Acht-Prozent-Hürde. Die Wähler haben zwei Stimmen, eine für das Abgeordnetenhaus und eine für den Senat. Das Mindestalter für die Wahl des Abgeordnetenhauses liegt bei 18 Jahren, für den Senat bei 25 Jahren. Zum zweiten Mal wählen auch die rund drei Millionen Auslands-Italiener mit. Sie entsenden zwölf Vertreter ins Abgeordnetenhaus und sechs in den Senat. (sp/dpa)

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