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Politik: Warnung vor Entwarnung

Drogenkonsum anders – aber doch hochgefährlich

Berlin - Haschisch und Marihuana? Europaweit rückläufig. Die meisten Jugendlichen wissen um das Gesundheitsrisiko, und Tabakrauchen ist schließlich auch nicht mehr so richtig „in“. Heroin? Zwar nach wie vor die gefährlichste Droge, doch die Junkies werden immer älter, zumindest in Deutschland. Und Kokain? Höhepunkt überschritten, selbst in Südeuropa, womöglich ist der „Schnee“ mit bis zu 80 Euro pro Gramm manchem Schicki-Micki inzwischen doch zu teuer.

Die klassischen Drogen scheinen auf dem Rückmarsch. Doch zur Entwarnung sahen Experten am Dienstag keinen Anlass. Erstens, weil die absoluten Zahlen immer noch erschreckend hoch sind. Schätzungen zufolge etwa konsumieren in Deutschland 150 000 Menschen Opiate, 1237 starben im Jahr 2010 daran. Und zweitens, weil zusätzlich immer mehr neue, psychoaktive Substanzen auf den Markt kommen, denen gesetzliche Kontrollen und Verbote bisher wenig anhaben können. Das sei „wie ein Katz- und-Maus- Spiel“, sagte Tim Pfeiffer-Gerschel, Chef der deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, in Berlin. Bis man die Substanzen registrieren und analysieren könne, seien sie schon wieder verschwunden und durch neue ersetzt.

Bereits 3,7 Prozent der 15- bis 24-Jährigen hätten hierzulande Erfahrung mit den sogenannten „Legal Highs“, die via Internet als Räuchermischungen oder Badesalze verkauft werden, berichtete die Drogenbeauftragte der Regierung, Mechthild Dyckmans (FDP) – und sieht eine „große Herausforderung“. Die Substanzen, in der Regel synthetische Derivate bereits bekannter Betäubungsmittel, seien oft weit stärker und gefährlicher als ihre Ausgangsstoffe, seien aber vom Betäubungsmittelgesetz nicht erfasst. Um dem Eindruck von Harmlosigkeit entgegenzuwirken, wird nun geprüft, ob man nicht komplette Stoffgruppen unter die Bestimmungen des Gesetzes fallen lassen kann.

Auch die europäische Drogen-Beobachtungsstelle warnte vor der rapiden Zunahme der gefährlichen Substanzen. Europas Drogenpolitik müsse sich „neu ordnen, um dieser Herausforderung des Jahrzehnts entgegenzutreten“, drängte Direktor Wolfgang Götz in Lissabon. Inzwischen seien 150 psychoaktive Substanzen bekannt, allein in diesem Jahr wurden 39 neue registriert. Rainer Woratschka

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