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Bundespräsident Christian Wulff legt gemeinsam mit seinem polnischen Kollegen Bronislaw Komorowski am Denkmal für die Opfer des Ghettos in Warschau in Polen einen Kranz nieder. Willy Brandt kniete hier vor 40 Jahren nieder.

© AFP

Warschau: Wulff gedenkt des Kniefalls von Brandt

Vierzig Jahre nach dem Kniefall des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt hat Bundespräsident Wulff der historischen Geste in Warschau gedacht. Der frühere Brandt-Vertraute Egon Bahr forderte unterdessen eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks.

Am Denkmal für die Opfer des jüdischen Ghetto-Aufstands von 1943 legte Bundespräsident Christian Wulff am Dienstag gemeinsam mit seinem polnischen Kollegen Bronislaw Komorowski einen Kranz nieder.

Brandt habe mit seinem Kniefall den Millionen Opfern der Schoa, die meisten von ihnen polnische Staatsbürger, stellvertretend für das deutsche Volk einzigartigen Respekt gezeigt, sagte Wulff nach der Kranzniederlegung bei der Eröffnung einer Konferenz auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Warschau. "Er übernahm Verantwortung in einem umfassenden Sinne für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft." Der CDU-Politiker sagte weiter, ihn selbst habe Brandts Kniefall als elfjähriger Junge tief beeindruckt. Brandt habe sich in seiner persönlichen Lebensgeschichte der Kraft der Versöhnung und der Freiheit verpflichtet gesehen und für dieses Engagement zurecht den Friedensnobelpreis erhalten. Zugleich hob Wulff in seiner Rede den Beitrag der polnischen Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc für die deutsche Einheit hervor. Diese habe das Signal für das Ende der kommunistischen Systeme Europas gegeben.

Wulff und Komorowski legten auch am Denkmal für den Warschauer Aufstand der polnischen Heimatarmee im Sommer 1944 gegen die deutsche Besatzung einen Kranz nieder. An der anschließenden Zeremonie am Denkmal für die Opfer des jüdischen Ghetto-Aufstands im Frühjahr 1943 nahm auch SPD-Chef Sigmar Gabriel teil. Der SPD-Bundeskanzler Brandt war dort am 7. Dezember 1970 nach der Niederlegung eines Kranzes an dem Denkmal aus schwarzem Granit überraschend niedergekniet.

Die demütige Geste wurde international als Bitte um Vergebung für die deutschen Kriegsverbrechen gewertet. Sie wurde zu einem Symbol für die auf Entspannung ausgerichtete Ostpolitik, für die Brandt 1971 den Friedensnobelpreis erhielt. Die mit der UDSSR, Polen, der Tschechoslowakei und auch der DDR unterzeichneten Verträge waren seinerzeit bei der CDU/CSU-Opposition heftig umstritten. Heute ist ihre Bedeutung für die deutsche Wiedervereinigung und die europäische Einigung weitgehend anerkannt.

Der SPD-Politiker Egon Bahr, der maßgeblich an den Ostverträgen mitgewirkt hat, forderte eine "wirkliche Belebung" des Weimarer Dreiecks aus Deutschland, Frankreich und Polen, das seit September eingestellt ist. Es sei altes Ost-West-Denken zu glauben, der deutsch-französische Motor allein sei ausreichend, sagte der 88-Jährige und hob die zentrale Rolle Polens für die Zukunft Europas hervor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr polnischer Kollege Donald Tusk stellten am Montag bei einem gemeinsamen Treffen in Berlin eine Wiederbelebung des informellen Bündnisses in Aussicht.

Wulff, der nach seinem Amtsantritt Polen als eines der ersten Länder besucht hatte, kündigte auf dem Flug nach Warschau für das kommende Jahr ebenfalls eine Reihe weiterer deutsch-polnischer Treffen an. Polen spiele innerhalb der EU eine immer wichtigere Rolle als Partner für die Verstärkung der Partnerschaften im Osten, aber auch für die Kontakte mit Russland, hob Wulff hervor. (AFP)

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