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Politik: Warum Jürgen Rüttgers zurzeit nicht so kann, wie er will

Jürgen Rüttgers war gegen seine Gewohnheit in Berlin geblieben. Normalerweise zeigt er sich an den Wochenenden der eigenen Basis an Rhein und Ruhr, zumal er dort, wenn er Kommentare zu irgendeiner Wahl abgeben muss, vor dem blauen Signet der "neuen CDU im Westen" auftreten kann.

Jürgen Rüttgers war gegen seine Gewohnheit in Berlin geblieben. Normalerweise zeigt er sich an den Wochenenden der eigenen Basis an Rhein und Ruhr, zumal er dort, wenn er Kommentare zu irgendeiner Wahl abgeben muss, vor dem blauen Signet der "neuen CDU im Westen" auftreten kann. Den Abend und vor allem den Morgen nach dem Schleswig-Holsteiner Urnengang verbringt Rüttgers lieber in der Hauptstadt und nicht bei den Freunden im größten Bundesland. Die verfolgen am Fernsehschirm, wie präsent ihr Vorsitzender ist, und freuen sich darüber, dass er mindestens genauso so häufig auftritt wie Angela Merkel oder Volker Rühe. Während sich die Generalsekretärin und der geschlagene Kandidat noch gegenseitig gratulieren und das Ergebnis als achtbar darstellen, schlägt Rüttgers eine andere Tonlage an. "Das ist eine Niederlage", stellt er gleich im ersten Satz klar.

Natürlich wird ihm schnell zugetragen, dass diese Wertung im Lager der beiden potenziellen Kandidaten für den Bundesvorsitz, bei Angela Merkel und bei Volker Rühe, für Unruhe sorgt, aber das stört ihn nicht; ganz im Gegenteil. Während in den jeweiligen Lagern der beiden Kandidaten die Unruhe steigt, kann sich Rüttgers wieder als Mann des Ausgleichs präsentieren. "Ich glaube nicht", heißt das bei ihm, "dass diese Landtagswahl irgendein Signal gibt in der Frage, wer Bundesvorsitzender oder Bundesvorsitzende wird".

Dieser Satz war als Antwort auf die Bemerkung von Volker Rühe gedacht, der dem Nord-Ergebnis für sich persönlich einen positiven Aspekt abgewonnen hat. "Ich bin ab sofort wieder Bundespolitiker", hatte Rühe ausgerufen und dabei nicht nur an die Wahlen innerhalb der Bundestagsfraktion gedacht. Rühe hat den Bundesvorsitz fest im Visier, daran zweifelt Rüttgers nicht einen Moment, folglich sind sie Konkurrenten. Offen würde Rüttgers das natürlich nicht zugeben. "Ich will Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden", lautet seine Standard-Antwort auf alle entsprechenden Fragen, aber sein Ehrgeiz schimmert dennoch durch, wenn er hinzufügt, "es ist ehrenwert, in diesem Zusammenhang genannt zu werden".

Jürgen Rüttgers wartet ab. In Berlin wird er seinen Posten als Stellvertreter in der Fraktion für Norbert Lammert freimachen. "Ich bin nicht auf der Suche nach einem Amt in Berlin", wehrt er weitergehende Fragen ab, aber ein klares "Nein" ist das natürlich nicht, und so wird es auch in Berlin wahrgenommen. Rüttgers redet seine eigenen Wahlaussichten an Rhein und Ruhr schön. "Wir können gewinnen", sagt er immer wieder und versucht, eine Brandmauer zwischen der Bundespartei und seinem Landesverband einzuziehen, "wir sind die neue CDU im Westen". In der Tat hatte er diesen Slogan schon vor den Ereignissen um die schwarzen Kassen geprägt und beharrlich ignoriert er die Umfragewerte, die für seine Partei Werte in der Nähe der 35 Prozent von Rühe signalisieren. Aber Volker Rühe hat ja im Norden auch gezeigt, was es heißt, zu kämpfen.

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