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Politik: Was geht, Adam?

Da können wir Alltagsschreiber so lange formulieren, wie wir wollen: Diesen Luther-Sound kriegen wir nicht hin. „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Da können wir Alltagsschreiber so lange formulieren, wie wir wollen: Diesen Luther-Sound kriegen wir nicht hin. „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Sätze aus Granit, großes Kino. Nur: Es gibt so furchtbar viele Einwände unserer evangelischen Zeitgeist-Theologen gegen den Macho im Himmel, es könnte in Wirklichkeit eine Lesbe sein oder eine nebulöse Macht wie in „Star Wars“, wer weiß; der alte Luther hat das nicht begriffen, weil ihm das Reformationsbüro aus Kostengründen keine Genderbeauftragten an die Seite gestellt hat. Höchste Zeit, mal zu zeigen, wie man die Bibel richtig übersetzt: Im Herbst erscheint sie „in gerechter Sprache“.

Bei Luther klang die Passage aus dem 1. Buch Mose so: „Aber die Schlange war listiger als alle Tiere auf dem Felde ...“ Auf gerecht heißt es nun: „Die Schlange hatte weniger an, aber mehr drauf als alle anderen Tiere des Feldes …“ Die Schlange hatte mehr drauf, soso. Offenbar aber nicht genug, um Adam und Eva gleich ordentlich mit einem iPod zu versuchen an Stelle eines doofen Apfels? Gehen wir weiter in den Kostproben der gerechten Bibel, so stellen wir fest, dass sie uns zutexten wird wie ein sozialdemokratischer Justiz-Staatssekretär: „Auch die Richterinnen und Richter sind zu erwähnen, alle mit ihrem jeweiligen Namen.“ Brüder werden geschlechtsneutrale „Geschwister“, den Jüngern spendiert der Text Jüngerinnen, gut, das ist das kleine Gender-Einmaleins, so was beherrscht längst auch die Pressestelle des Luckenwalder Landratsamts. Und ob „pharisäische Männer und Frauen“ wirklich gleichberechtigt auf dem Stuhl Mose gesessen haben, wie der neue Text behauptet, überlassen wir mal der fachtheologischen Debatte. Aber was mag gerecht daran sein, dass Jesus seinen Jüngern nun nicht mehr sagt: „Lasst uns über den See fahren“, sondern „Lasst uns ans jenseitige Ufer fahren“?

Das geht vorüber, möchten wir denken, Luther obsiegt über die Neusprech-Theologen allemal. Doch was wird deren nächster Streich sein? Ist es nicht höchste Zeit, den entwurzelten Jugendlichen in einer korrigierten Neuköllner Neufassung Gottes Wort näher zu bringen? Möglicherweise wird die Bergpredigt tatsächlich besser verstanden, wenn die Übersetzer Jesus Klartext reden lassen: „Kommt Arsch, will krass Jacke abziehen, weisstu, gib ihm korrekt T-Shirt dazu, Alder.“ Zugegeben: Das klingt aus heutiger Sicht ein wenig ungewohnt. Aber es ist irgendwie auch gerecht, nicht wahr?

Am Anfang war das Wort, und das Wort lautete: Was geht, Adam? Fraglich, ob Luther heute evangelisch wäre.

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