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Politik: Was kann der Ministerpräsident schon wissen?

Stoiber vor dem Hohlmeier-Ausschuss: ein Einblick in Gestaltungsprinzipien bayerischer Politik

Allenfalls zehn Meter liegen zwischen dem Stuhl von Edmund Stoiber und dem Tisch von Karin Radermacher im Saal 3 des Bayerischen Landtags. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende hat gerade ein wenig umständlich formuliert wissen wollen, ob Stoiber den in Rede stehenden Vermerk persönlich abgezeichnet hat. Jetzt wedelt sie mit dem kopierten Papier. Als interessierter Mensch könnte Edmund Stoiber nun aufstehen, schließlich geht es gerade um seinen Ruf als Macher und Gestalter. Stattdessen sagt er: „Bringt mir das mal einer?“, eine Bemerkung im gewohnten Befehlston, die sofort ein CSU-Untersuchungsausschussmitglied leichten Trab anschlagen lässt. Stoiber studiert kurz das Blatt: „Ja“, sagt er, „das ist mein Kürzel. Aber was glauben Sie, wie viele Vermerke ich jeden Tag anbringe? Edmund Stoiber lehnt sich zurück. Die vierzigste Sitzung des so genannten Hohlmeier-Untersuchungsausschusses begibt sich ein bisschen zur Unzeit für Edmund Stoiber, schließlich hat er sich gerade wieder mittels dauernder Demutsbekundungen landesweit an den Rand des Herzens seiner CSU herangerobbt. Außerdem kommen jetzt endlich richtig schöne Tage. Am Dienstag hat der Ministerpräsident Pelé, Beckenbauer und Blatter inklusive der gesamten Fifa zu Gast in der Staatskanzlei; hernach schwimmt die ganze Festblase gewissermaßen auf einer Champagnerwelle ins neue Stadion.

Um die WM geht es auch im Ausschuss, genauer um einen Kongress im Juli 2007, für dessen Planung der Wirtschafts- und die damalige Kultusministerin Hohlmeier zuständig waren. Der Untersuchungsausschuss präsentiert Stoiber einen Beleg des damaligen Leiters der Staatskanzlei, Erwin Huber. Huber schreibt da sinngemäß, wenn man die WM richtig gewinnen wolle in Bayern, müssten wohl noch einmal mindestens zehn Millionen Euro investiert werden, wenn nicht mehr. „Das wusste ich nicht“, sagt Stoiber. Er sagt den Satz ziemlich oft an diesem Nachmittag. Hätte er etwas gewusst, sagt Stoiber aber gleich hinterher, also beispielsweise von Problemen bei der Organisation des Kongresses,wäre von ihm aus „sofortiges Eingreifen“ angesagt gewesen. Erstens aber „hat keiner um Hilfe gerufen“, zweitens habe es immer geheißen, „Taktik und Aufstellung der Task Force sind gut“.

Der Ausschuss kommt nicht sehr weit beim Versuch, Edmund Stoiber auf persönliche Fehler festzunageln. Immerhin offenbart sich wieder einmal ein Stoiber’sches Gestaltungsprinzip: Geht’s gut, war er mit der Sache befasst, ging’s nicht gut, hat er wenig bis gar nichts gewusst.

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