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Eine Mutter sitzt mit ihrem Kind am 08.07.2017 in Hamburg im Schanzenviertel nach Ausschreitungen in der Nacht davor wegen des G20-Gipfels.

© Kay Nietfeld/dpa

Was macht die Welt?: Selfie statt Rotfront

Die Altvorderen verstehen die "Riot Hipster" nicht, Trump bleibt noch eine Weile, die EU braucht keinen neuen Kampfjet und Gabriel ärgert Schulz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dr. Josef Joffe

Trump Jr. bringt Trump Sr. in Schwierigkeiten. Wird Trump doch noch der erste abgesetzte Präsident der USA?

Wie WmdW gern doziert, ist das Impeachment ein politischer, kein juristischer Prozess. Also: Die Republikaner- Mehrheit im Unterhaus muss überzeugt sein, dass Trump ihre Wiederwahlchancen so sehr schädige, dass sie Anklage erheben (einfache Mehrheit). Gleiches trifft für die Parteifreunde im Senat zu, die mit den Demokraten eine Zweidrittelmehrheit herstellen müssen. Davon sind wir weit entfernt. Viele kleine Sauereien summieren sich nicht zum Kapitalverbrechen. Außerdem muss es eines im Amt sein, nicht, was Jung-Trump im Wahlkampf mit russischen Ersatzspielern abgezogen hat. Es fehlt der rauchende Colt, aber die Mühlen mahlen weiter.

Nach den Krawallen in Hamburg: Rinks, lechts, alles das Gleiche?
Die Altvorderen sind verdutzt. Wir hatten wenigstens eine Art Theorie: Marx und Anti-Vietnam plus Kulturrevolution (Rock, Hasch, Sex). Heute werden Läden zerlegt und Autos verbrannt. Es geht um Gewalt als Party, um die Machtdemonstration als Kick. Die Gestalten sind keine Berufsrevolutionäre, sondern „Riot Hipsters“. Ihr Markenzeichen ist nicht die Kokarde oder der Sowjetstern, sondern das iPhone. Der Gestus ist nicht die geballte Faust („Rotfront!“), sondern das Selfie: Im Mittelpunkt stehe ich, hinter mir das lodernde Auto. Das ist nicht links oder rechts, sondern Narzissmus in der Pose des Umsturzes.

Deutsch-französischer Düsenantrieb: Braucht Europa noch einen Kampfjet?
Dass Europa mehr für seine Verteidigung tun muss, ist eine Binse. Dazu gehört an erster Stelle kein Prestigeprojekt wie ein Fighter der fünften Generation; der wäre billiger und schneller in Amerika zu haben (der F-35). Zumal Paris erst einmal eine knappe Milliarde aus dem Militärhaushalt schneiden will. Besser sind Projektionskräfte: Transportflugzeuge, Schiffe, Hubschrauber. Dazu Abstandswaffen und Drohnen. Plus Spezialkräfte. Das kostet richtig Geld und ist nicht so cool wie ein schicker Kampfjet, der 2030 nicht mehr ganz frisch sein wird.

Ein Wort zum deutschen Außenminister zwischen Wahlkampfbühne und diplomatischem Parkett …
Außenminister ist der beste Job im Kabinett: Er kriegt die meisten Photo-Opps, derweil die Regierungschefin die Fäden der Außenpolitik in der Hand behält und die schweren Entscheidungen treffen muss. Noch mehr Spaß macht es, wenn man mit seinem rhetorischen Aktivismus im Wahlkampf gleich zwei ärgern kann: die Kanzlerin und den Kandidaten (Schulz). Angie reagiert wie Angie: nicht mal ignorieren. Aber Gabriel wird nach Schulz’ Niederlage in der Partei glänzend dastehen.

Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“. Die Fragen stellte Anna Sauerbrey.

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