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Politik: Was wusste Heide Simonis?

Die geschäftlichen Verquickungen des früheren Mitarbeiters der Kieler Staatskanzlei, Karl Pröhl, verstärken auch den Druck auf Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). Nicht nur die Opposition, auch die Medien stellen verstärkt die Frage, was genau in der Regierungszentrale über die dubiosen Aktivitäten des früheren Expo-Beauftragten Pröhl bekannt war, und wer politisch dafür verantwortlich ist.

Die geschäftlichen Verquickungen des früheren Mitarbeiters der Kieler Staatskanzlei, Karl Pröhl, verstärken auch den Druck auf Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). Nicht nur die Opposition, auch die Medien stellen verstärkt die Frage, was genau in der Regierungszentrale über die dubiosen Aktivitäten des früheren Expo-Beauftragten Pröhl bekannt war, und wer politisch dafür verantwortlich ist. Gegen Pröhl und sieben andere Personen ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft unter anderem wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, der Steuerhinterziehung und des Kreditbetrugs. Karl Pröhl selbst sitzt inzwischen wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft.

Heide Simonis hat zu Wochenbeginn den Versuch gestartet, in dieser brisanten Sache, bei der es unter anderem auch um den Vorwurf der Bestechung geht, wieder in die Offensive zu gelangen. Sie kündigte an, sie werde vor dem Berliner Landgericht gegen das Münchner Nachrichtenmagazin "Focus" und einen Hamburger Unternehmer klagen, in dessen Firma Pröhl einen Vorstandsposten bekleidete. Jener Unternehmer hatte gegenüber "Focus" ausgesagt, Simonis sage die Unwahrheit, wenn sie behaupte, erst in diesem Jahr von Pröhls Aktivitäten erfahren zu haben. Die Ministerpräsidentin dementierte auch Berichte, sie habe private Kontakte zu Pröhl und seiner Frau gehabt. Simonis sprach von einer "billigen Kampagne", die gegen sie inszeniert werde. Sie wolle ihren Namen "nicht in den Schmutz zerren lassen".

Der Leiter der Staatskanzlei, Klaus Gärtner (FDP), engster Vertrauter von Simonis im Kabinett, muss wegen der Affäre am 15. April zurücktreten. Nach eigenem Bekunden hatte er Hinweise "übersehen", dass Pröhl nicht nur für die Landesregierung, sondern gleichzeitig auch für den Unternehmer tätig war. Die Opposition im Kieler Landtag, also CDU und FDP, vermuten indes, dass Gärtner schon frühzeitig von Pröhls Doppelspiel wusste. Als Indiz für die guten Beziehungen zwischen Gärtner und Pröhl wertet die Opposition die Tatsache, dass Gärtners Frau vom Juni 1999 bis Ende 2000 bei dem schleswig-holsteinischen Expo-Projekt "Sicherung der Welternährung" beschäftigt gewesen war. Der "Tipp", dass dort ein Job zu besetzen sei, sei damals von Pröhl gekommen, sagt Gärtner.

Den Rücktritt der Ministerpräsidentin fordert bisher noch niemand. Der FDP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki meint jedoch, selbst wenn Heide Simonis nichts gewusst habe, zeige das doch, dass die Ministerpräsidentin keine Kontrolle über die Staatskanzlei habe. Die "Kieler Nachrichten" zitieren Kubicki mit den Worten, es sei "kein Wunder mehr, dass in einer solchen Atmosphäre der Selbstbedienung schwächere Charaktere auch zu kriminellen Handlungen übergegangen sind". Ende April wird auf Antrag der CDU ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich außer mit Pröhl mit Vorwürfen befassen soll, die im Zusammenhang mit der Vergabe eines Computer-Großauftrags gegen das Finanzministerium erhoben werden.

Karsten Plog

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