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Der bisherige AfD-Landesvorsitzende Josef Dörr.

© dpa/picture-alliance

Wegen manipulierter Mitgliederaufnahme: AfD-Spitze setzt saarländischen Landesvorstand ab

Der saarländischen Landesvorstand unter Josef Dörr ist abgesetzt, in Baden-Württemberg wurde der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Räpple ausgeschlossen.

Die AfD-Bundesspitze hat den saarländischen Landesvorstand unter Führung von Josef Dörr mit sofortiger Wirkung abgesetzt. Grund seien „schwerwiegende Verstöße gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei“, begründete der Bundesvorstand seine Entscheidung vom Dienstag. Der Landesverband soll vorerst von einem Notvorstand geleitet werden, der aus den Bundesvorstandsmitgliedern Carsten Hütter, Joachim Paul und Stephan Protschka besteht. Der Notvorstand soll im Amt bleiben, bis ein Landesparteitag einen neuen Vorstand gewählt hat.

Der Amtsenthebung sei ein „intensiver Anhörungs- und Meinungsbildungsprozess“ vorangegangen, betonte Bundesvorstandsmitglied Alice Weidel. „Hier musste die Notbremse gezogen werden“, sagte Weidel, die auch Vorsitzende der Bundestagsfraktion und Landesvorsitzende in Baden-Württemberg ist.

Räpple sorgte immer wieder für Provokationen

Die AfD in Baden-Württemberg schloss unterdessen den umstrittenen Landtagsabgeordneten Stefan Räpple aus. Das Landesschiedsgericht habe dies in erster Instanz entschieden, bestätigte der Sprecher des Landesvorstands, Markus Frohnmaier, in Stuttgart. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Räpple kündigte an, dagegen vorzugehen. Er beschuldigte den Vorsitzenden des Landesschiedsgerichts, nicht neutral zu sein. Räpple sorgte immer wieder mit Provokationen für Schlagzeilen. Er ließ sich etwa im Dezember 2018 nach Zwischenrufen von der Polizei aus dem Landtag führen.

Stefan Räpple (AfD) im Landtag von Baden-Württemberg.
Stefan Räpple (AfD) im Landtag von Baden-Württemberg.

© dpa/Sebastian Gollnow

Das Bundesschiedsgericht der AfD hatte am 20. März bereits den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon aus der Partei ausgeschlossen - unter anderem wegen antisemitischer Äußerungen. Gedeon will dagegen vor einem Gericht klagen. Anders als Räpple war Gedeon schon nicht mehr Mitglied der Landtagsfraktion.

Dörr nennt Beschluss „absolut hirnrissig“

Die Absetzung des saarländischen Vorstandes begründete der AfD-Bundesvorstand unter anderem damit, dieser habe „den Prozess der Mitgliederaufnahme dadurch manipuliert, dass er Aufnahmeanträge nicht bearbeitet, bewusst erheblich verzögert oder Aufnahmen missbräuchlich durch Ausübung seines Widerspruchsrechts“ vereitelt habe. Zudem habe er „durch seine Mitglieder zielgerichtet Delegiertenwahlen in den Kreisverbänden manipuliert“, heißt es in dem Beschluss, der der dpa vorliegt.

Der Saar-Vorsitzende Dörr bezeichnete den Beschluss des Bundesvorstandes als „absolut hirnrissig“ und kündigte Widerstand an: Er werde „alle rechtlichen Möglichkeiten“ ausschöpfen. „Die Vorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen. Wir haben alles schon widerlegt“, sagte der 81-Jährige der dpa in Saarbrücken. Zur Begründung der Absetzung sagte er: „Das ist lächerlich. Wir nehmen nur keine Mitglieder auf, die wir nicht kennen.“ Dörr ist seit 2015 AfD-Landeschef und seit 2017 Fraktionsvorsitzender im Landtag.

In der AfD-Saar tobt seit Jahren ein Machtkampf

Für die Amtsenthebung des Vorstandes stimmten per Telefonkonferenz zehn Mitglieder des Bundesvorstandes. Drei Teilnehmer des Spitzengremiums enthielten sich der Stimme. Nach Einschätzung des saarländischen AfD-Bundestagsgeordneten Christian Wirth landet das Verfahren beim Bundesschiedsgericht. In der AfD-Saar tobt seit Jahren ein Machtkampf. Der Landesverband hat laut Dörr rund 480 Mitglieder.

Die Parteispitze kündigte an, er werde die Ordnungsmaßnahme dem nächsten Bundesparteitag zur Überprüfung vorlegen. Wann dieser Parteitag stattfinden wird, ist allerdings offen. Ein für April geplanter Parteitag war wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden.

Der AfD-Bundesvorstand hatte im Frühjahr 2016 schon einmal eine Auflösung an der Saar beschlossen - wegen angeblicher Kontakte des Landesverbandes zu Rechtsextremen. Das Bundesschiedsgericht hatte im Oktober 2016 den Antrag abgelehnt: Eine Auflösung des Landesverbandes sei unverhältnismäßig, hieß es damals. (dpa)

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