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Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion

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Update

Wegen neuer Gewalt: Mißfelder nennt Militäreinsatz in Syrien "überlegenswert"

Was lässt sich gegen das Morden in Syrien unternehmen? Frankreichs Präsident Hollande hat jüngst die Möglichkeit einer militärischen Intervention angedeutet. Nun bekommt er für diese Idee Unterstützung von einem prominenten CDU-Politiker.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder (CDU), hat  Überlegungen des französischen Präsidenten Francois Hollande zu einer Militärintervention in Syrien begrüßt. „Die Vereinten Nationen (UN) haben die gemeinsame Verpflichtung, die Zivilbevölkkerung zu schützen“, sagte Mißfelder dem Tagesspiegel und verwies auf die Selbstverpflichtung der UN zum Schutz von bedrohter Zivilbevölkerung („Responsibility to protect“). „Deshalb wäre ein durchdachter Militäreinsatz überlegenswert oder eine robuste Ergänzung der Beobachter“, meinte der Politiker. Die UN haben eine Beobachtermission nach Syrien entsandt.

Angesichts der andauernden Gewalt in Syrien wächst unterdessen die Sorge vor einem Abgleiten des Landes in einen offenen Bürgerkrieg. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Regierung in Damaskus am Donnerstag dazu auf, ihre Angriffe einzustellen. Syrische Regierungstruppen nahmen unterdessen nach Angaben von Aktivisten erneut den Bezirk Hula unter Feuer. Die Armee der Deserteure kündigte Angriffe an, falls das Regime von Präsident Baschar al-Assad nicht bis Freitag seine schweren Waffen aus den Städten und Dörfern abziehen sollte. Ein Rebellenkommandeur aus der Provinz Homs sagte, nach dieser Frist würden sich auch die Deserteure nicht mehr an den Friedensplan von UN-Vermittler Kofi Annan gebunden fühlen, der unter anderem eine Waffenruhe vorsieht.

Annan fordert weiter die Einhaltung einer Waffenruhe. Alle am Konflikt beteiligten Seiten müssten die Gewalt einstellen, sagte sein Sprecher Ahmad Fawzi am Donnerstag zu den Forderungen von Rebellen, den Sechs-Punkte-Friedensplan für Syrien offiziell für gescheitert zu erklären.

Weltsicherheitsrat befürchtet Bürgerkrieg in Syrien

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, sagte, es gebe drei Möglichkeiten: "Die erste ist, dass Assad endlich einlenkt. Die zweite ist, dass der Druck des Sicherheitsrates zu einer Lösung führt“, sagte Rice. „Doch die dritte ist die schlimmste und leider momentan auch wahrscheinlichste: dass die Gewalt weiter zunimmt und sich über die ganze Region erstreckt.“ Sollte sich die Regierung in Damaskus der Zusammenarbeit weiterhin verweigern, müsse der UN-Sicherheitsrat den Druck auf Syrien erhöhen.

Der Weltsicherheitsrat befürchtet mittlerweile einen Bürgerkrieg im Land und sucht nach Wegen aus dem festgefahrenen Konflikt. Man stehe „am Scheideweg“, sagte Kofi Annan in Damaskus. „Ich denke, der Sicherheitsrat ist sich einig, dass ein Abrutschen Syriens in einen ausgewachsenen Bürgerkrieg katastrophal wäre“, sagte Annans Stellvertreter Jean-Marie Guehenno am Mittwoch. „Der Sicherheitsrat muss nun eine strategische Diskussion führen, wie das vermieden werden kann.“

US-Präsident Barack Obama hatte am Mittwoch erneut mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti über die Lage in Syrien gesprochen.

Russland will seine Haltung zu Syrien allerdings vorerst nicht ändern. „Unsere Einstellung zu Sanktionen ist offen gesagt weiterhin negativ“, sagte der russische Botschafter bei den UN, Witali Tschurkin. Moskau verwahrte sich auch gegen internationale Forderungen nach einer kritischeren Haltung gegenüber Damaskus. Unter Druck aus dem Ausland könne es keine Gespräche über Russlands Einstellung in der Syrien-Frage geben, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, am Mittwoch laut einem Bericht der Nachrichtenagentur ITAR-Tass.

Russland ist einer der letzten verbliebenen Verbündeten Syriens. Gemeinsam mit China legte Russland zwei Mal sein Veto gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates ein. Umgekehrt ist Syrien der letzte verbliebene Partner Russlands in der Region. Am Freitag wird Putin zu Gesprächen nach Berlin und Paris reisen, in denen es auch um die Syrien-Politik gehen soll.

Aktivisten meldeten, am Donnerstag hätten die Regierungstruppen erneut die Ortschaft Al-Hula in der Provinz Homs angegriffen, wo am vergangenen Freitag 108 Zivilisten durch Artillerie und Milizenterror starben. Bei dem erneuten Beschuss von Hula seien am Donnerstag meist schwere Maschinengewehre eingesetzt worden, erklärten das Syrische Observatorium für Menschenrechte und die Örtlichen Koordinationskomitees. Beide Gruppen teilten mit, ein junger Mann sei in Hula von einem Heckenschützen getötet worden.

Ein lokaler Kommandeur der von Deserteuren gegründeten oppositionellen Freien Syrischen Armee aus Homs sagte im Nachrichtensender Al-Arabija, es gebe Anzeichen für einen bevorstehenden Angriff auf zwei Dörfer in der Nähe von Al-Hula. In diesen Dörfern hätten nach dem Massaker der vergangenen Woche zahlreiche Zivilisten aus Al-Hula Zuflucht gesucht. Am Mittwoch hatten die Regimegegner landesweit 48 Todesopfer gezählt.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad forderte, die für das Massaker Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. In einem Interview des Fernsehsenders France 24 sagte er am Mittwoch, es erscheine ihm kaum vorstellbar, dass eine Regierung ihre eigenen Bürger töte, er schließe dies aber auch nicht aus. Iran gilt als enger Verbündeter Syriens.

In den USA trat unterdessen der syrische Honorarkonsul in Kalifornien, Hazem Chehabi, aus Protest gegen das Massaker in Hula von seinem Posten zurück und sagte sich von der Regierung in Damaskus los. Das berichtete die Zeitung „Los Angeles Times“ am Mittwoch. Chehabi war einer der ranghöchsten syrischen Diplomaten in den USA und ist der erste, der der Regierung von Präsident Assad die Gefolgschaft aufkündigt.

Die US-Senatoren John McCain und Joseph Lieberman forderten ein stärkeres Engagement ihres Landes für ein Ende des Blutvergießens in Syrien. Es sei peinlich, dass die USA bislang keine entschlosseneren Schritte unternommen hätten, um den Menschen in Syrien zu helfen, sagte der Republikaner McCain. Gemeinsam mit dem unabhängigen Politiker Lieberman bekräftigte er während eines Besuchs in Malaysia, dass die USA die Ausrüstung der syrischen Opposition mit Waffen unterstützen sollten. (TSP/dpa, AFP)

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