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Der ungarische Präsident Viktor Orban geht bei einem EU-Treffen zum Rednerpult.

© JOHN THYS /AFP

Update

Wegen Rechtsstaatsverstößen: EU-Kommission kündigt Kürzung von Ungarns EU-Mitteln an

Zwei Tage nach seiner Wiederwahl hat Viktor Orbán neuen Streit mit der EU. Seine rechte Regierung reagiert ablehnend auf die Ankündigung.

Ungarn muss sich wegen möglicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit als erstes Land einem Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln stellen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Dienstag im Straßburger Europaparlament an, dass ihre Behörde den ersten Schritt des sogenannten Rechtsstaatsmechanismus unternehmen werde.

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Darüber habe die EU-Kommission die ungarischen Behörden am Dienstag informiert. „Bei Ungarn, wir haben uns sehr klar ausgedrückt, ist das Problem Korruption“, sagte von der Leyen. Man sei derzeit nicht in der Lage, einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Im Parlament erntete von der Leyen für ihre Ankündigung Applaus. Damit Ungarn tatsächlich EU-Mittel gekürzt werden, bedarf es im letzten Schritt noch der Zustimmung von mindestens 15 der EU-Staaten mit 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Vorher hat Budapest mehrfach die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Ungarns rechte Regierung reagierte ablehnend. Die EU-Kommission mache einen „Fehler“, erklärte Kanzleramtsminister Gergely Gulyas am Dienstag gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. Bei der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag habe die Regierungspartei Fidesz „eine noch nie gesehene Unterstützung“ erfahren.

„Eben deshalb sollte die Kommission die grundlegenden Regeln der Demokratie akzeptieren und nicht die Bedürfnisse der bei der Wahl geschlagenen ungarischen Linken befriedigen“, fügte Gulyas hinzu.

Der sogenannte EU-Rechtsstaatsmechanismus ist seit Anfang 2021 in Kraft. Er soll dafür sorgen, dass Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung nicht mehr ungestraft bleiben, wenn dadurch ein Missbrauch von EU-Geldern droht.

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Polen und Ungarn sahen sich besonders im Fokus des Instruments und klagten deshalb dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof. Dieser wies die Klagen im Februar jedoch ab. Beide Staaten bekommen jährlich Milliarden aus dem Gemeinschaftsbudget.

EuGH-Urteil soll abgewartet werden

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban dürfte sich in seinem Kurs allerdings bestärkt fühlen. Seine rechtsnationale Fidesz-Partei gewann am Sonntag deutlich die Parlamentswahl. Sie kam auf 53 Prozent der Stimmen und sicherte sich damit das vierte Mal in Folge eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Das Europaparlament macht schon seit langem Druck auf die EU-Kommission, den Rechtsstaatsmechanismus auszulösen. Die Behörde betonte jedoch stets, auf das EuGH-Urteil warten zu wollen. Dadurch sei kein Fall verloren gegangen, sagte von der Leyen auch am Dienstag.

Das Parlament verklagte die EU-Kommission wegen ihrer Zögerlichkeit sogar vor dem EuGH - das Verfahren läuft noch. Entsprechend begrüßten Europaabgeordnete von der Leyens Ankündigung am Dienstag. „Es ist absolut richtig, dass Ursula von der Leyen Sanktionen für die massiven Rechtsstaatsverstöße der Orban-Regierung auf den Weg bringt“, sagte der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund.

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Zugleich bemängelte er jedoch: „Für Ungarns Demokratie könnte es aber schon zu spät sein.“ Die EU-Kommission habe den richtigen Zeitpunkt für ein konsequentes Vorgehen gegen Orban um Jahre verpasst.

Der FDP-Abgeordnete Moritz Körner sprach von einer „guten Nachricht für die Demokratie in Europa“. „Die späte Aktivierung hat jedoch auch einen faden Beigeschmack.“ Mit der späten Entscheidung habe von der Leyen Ministerpräsident Orban vier weitere Jahre im Amt geschenkt. Dieser könne die „Demolierung der ungarischen Demokratie“ nun fortführen. (dpa)

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