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Sebastian Kurz in Wien

© REUTERS/Leonhard Foeger

Wegen Verstoß gegen Islamgesetz: Österreich schließt mehrere Moscheen und weist Imame aus

Fast jeder vierte Imam in Österreich wird überprüft. Der Verdacht: Die muslimischen Geistlichen werden durch das Ausland finanziert. Die Türkei spricht von Rassismus.

Die rechtskonservative Regierung in Österreich schließt sieben Moscheen und weist zahlreiche türkische Imame aus. Wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag in Wien mitteilte, hat das für Religionsfragen zuständige Kultusamt die Schließung der Moscheen mit Verstößen gegen das Islamgesetz begründet. Man wolle keine Parallelgesellschaften und Radikalisierungstendenzen in Österreich habe, sagte Kurz. Die Türkei wies das Vorgehen als islamfeindlich und rassistisch zurück.

Bei 40 muslimischen Geistlichen werde derzeit konkret überprüft, ob in ihren Fällen gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung verstoßen worden sei, sagte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Dabei handelt es sich um Geistliche der „Türkisch-Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich“ (ATIB). In zwei Fällen stehe bereits fest, dass Imame ausgewiesen würden. Die Behörden überprüfen derzeit 60 der insgesamt 260 Imame in Österreich. Sie könnten ihre Aufenthaltstitel verlieren und müssten das Land dann zusammen mit ihren Familienangehörigen verlassen, betroffen wären dann insgesamt 150 Menschen. „Wir stehen erst am Anfang“, meinte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Der ATIB steht in Wien schon länger in der Kritik, vor allem wegen seiner türkisch-nationalistischen Ausrichtung. Wie der Moscheeverband Ditib in Deutschland ist auch ATIB ein Dachverband, der in Österreich über 60 Vereine vertritt. Er untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit der türkischen Regierung.

Im April hatte die österreichische Regierung eine Prüfung der Moscheen angekündigt, nachdem in einer Atib-Moschee in Wien offenbar mit Kindern in Tarnkleidung eine Schlacht des Ersten Weltkrieges nachgestellt wurde. Fotos zeigten marschierende und salutierende Jungen mit türkischen Flaggen. Auf anderen Bildern posierten Kinder als Leichen.

Türkische Medien sprechen von „Skandal-Entscheidung“

Grundlage für die Entscheidung ist das Islamgesetz von 2015, das auch eine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft fordert. Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP) veranlasste neben der Prüfung der Atib-Moscheen, auch Aktivitäten der Grauen Wölfe in Österreich zu überprüfen. Innenminister Kickl wies zudem die Vereinsbehörden an, vereinsrechtliche Anzeigen gegen Atib-nahe Vereine zu melden.

Die erste Reaktion in der Türkei fiel scharf aus. Der Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan warf der österreichischen Regierung vor, für die Schließung der Moscheen und die Ausweisung der Imame eine "faule Ausrede" vorzubringen. Dies sei Ausdruck für "die anti-islamische, rassistische und diskriminierende Populismuswelle in diesem Land", erklärte Ibrahim Kalin bei Twitter. Österreich greife die muslimischen Gemeinden an, um daraus "billiges politisches Kapital zu schlagen". Kalin warf der österreichischen Regierung zudem vor, mit ihrer Politik "Islamfeindlichkeit und Rassismus zu normalisieren". Mit ihrem "ideologisch aufgeladenen Handeln" verstoße sie gegen grundlegende Rechtsprinzipien, Integrationspolitik, Minderheitenrechte und die "Ethik des Zusammenlebens".

Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei sind angespannt

Eine Moschee in Wien, die unter dem Verdacht stehe, unter dem Einfluss der als extremistisch und faschistisch eingestuften türkischen „Grauen Wölfe“ zu stehen, werde wegen illegalen Betriebs geschlossen, hieß es in Wien. Der illegale Betrieb sei von der islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) selbst gemeldet worden, sagte Blümel. Aufgelöst wurde auch die Arabische Kultusgemeinde mit sechs Moscheen. Grund dafür seien unter anderem salafistische Äußerungen von Vertretern einer der Moscheeneinrichtung gewesen.

Die neue rechtskonservative Regierung aus ÖVP und FPÖ will muslimische Einrichtungen künftig generell stärker kontrollieren. Die Möglichkeiten des schon länger in Kraft getretenen Islamgesetzes seien bisher nicht ausreichend genutzt worden, meinte Kurz. Die rechtspopulistische FPÖ stellt in der Koalition sechs Minister, unter anderem in den Schlüsselressorts Inneres, Äußeres und Verteidigung. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist Vizekanzler.

Die Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei sind seit längerem stark angespannt. Vor dem umstrittenen Referendum über die Stärkung der Befugnisse von Präsident Erdogan im vergangenen Jahr hatte Österreich Auftritte türkischer Politiker untersagt. Die österreichische Regierung ist zudem strikt gegen einen EU-Beitritt der Türkei. (AFP, dpa)

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