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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor dem Weihnachtsbaum im Schloss Bellevue

© dpa/AP Pool/Michael Sohn

Weihnachtsbotschaft des Bundespräsidenten: „Bitte denken wir daran: Wir sind ein Land!“

Die Coronakrise macht die Menschen mürbe, Debatten werden emotional geführt. Bundespräsident Steinmeier ruft dazu auf, die Risse nicht zu vertiefen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seine Weihnachtsansprache erneut zu einem Appell für den Zusammenhalt in der Coronakrise genutzt: Der Staat sei in dieser Krise zwar gefordert. Vor allem aber komme es auf das an, was jede und jeder Einzelne tue. „Der Staat kann sich nicht für uns die Schutzmaske aufsetzen, er kann sich auch nicht für uns impfen lassen“, sagte der Bundespräsident laut vorab verbreitetem Redemanuskript.

Steinmeier dankte zugleich „aus vollem Herzen der großen, oft stillen Mehrheit in unserem Lande“, die seit Monaten umsichtig und verantwortungsvoll mit der Gefahr durch das Virus umgehe, weil sie erkannt habe: „Mehr denn je sind wir aufeinander angewiesen – ich auf andere und andere auf mich.“

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Aus Anlass des Weihnachtsfests appellierte Steinmeier, der kürzlich sehr heftig mit Impfverweigerern ins Gericht gegangen war („Was muss eigentlich noch geschehen, um Sie zu überzeugen?“) zwar eindringlich, aber weniger hart an alle freiwillig Ungeimpften.

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„Alte, kostbare Worte“ erhielten in der Krise neues Gewicht. Vertrauen zum Beispiel könne auch heißen, „dass ich mich auf kompetenten Rat verlasse, selbst wenn meine eigenen Zweifel nicht gänzlich besiegt sind“. Oder: „Ist Freiheit der laute Protest gegen jede Vorschrift?“

Bedeute sie „manchmal nicht auch, mich selbst einzuschränken, um die Freiheit anderer zu schützen?“ Auch Verantwortung könne man anders lesen als: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden.“ Denn, so Steinmeier, „betrifft meine Entscheidung nicht in Wahrheit viele andere mit?“

Mitte November hatte der Präsident in einer Veranstaltung in Schloss Bellevue nicht nur viel emotionaler an Impfgegner:innen appelliert („tragisch und zutiefst besorgniserregend“, „gefährden uns alle“), er kritisierte auch staatliche Versäumnisse: Die vierte Corona-Welle treffe „unser Land härter, als es sie treffen müsste“. Auch die Politik solle sich daher fragen, „ob nicht der Wunsch, den Gedanken an die Seuche endlich zu verbannen, einer konsequenten Abwehr der vierten Welle im Weg stand“. Es müsse mehr als bisher getan werden.

Ruf nach Zusammenhalt

Jetzt stellte Steinmeier den Zusammenhalt auch zwischen denen, die die Corona-Maßnahmen ablehnen, und denen, die sie befürworten, in den Mittelpunkt: Nach zwei Jahren Leben mit dem Virus machten sich „Frust, Gereiztheit, Entfremdung“ breit „und leider auch offene Aggression“. Natürlich müssten in einer Demokratie nicht alle einer Meinung sein, und Kritik könne offen geäußert werden. „Aber bitte denken wir daran: Wir sind ein Land! Wir müssen uns auch nach der Pandemie noch in die Augen schauen können. Und wir wollen auch nach der Pandemie noch miteinander leben.“

Die Weihnachtsansprache ist immer auch Gelegenheit zu einem Rückblick des Bundespräsidenten aufs Jahr – zu Neujahr spricht nicht er, sondern die Bundeskanzlerin oder der -kanzler. Das wird an diesem 31. Dezember erstmals Olaf Scholz sein. Steinmeier gedachte in seiner Rede der Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal, der Rückkehr deutscher Soldat:innen aus Afghanistan und der Menschen, die „dort in Not und Hunger zurückgeblieben sind“.

Die Grünen im Dilemma: SPD und FDP wollen Steinmeier zwei

Die Erfahrungen des Jahres 2021 enthielten Anlass zur Hoffnung – sowohl die „riesige Solidarität mit den Flutopfern“ wie auch der Einsatz junger „und nicht so junger Menschen“ für den Umwelt- und Klimaschutz. „Und ich denke an Sie alle, die ihre Stimme abgegeben haben in wichtigen Wahlen, und an die Art und Weise eines demokratischen Übergangs in gegenseitigem Respekt.“

Noch ist unklar, ob dies die letzte Weihnachtsansprache von Frank-Walter Steinmeier war. Seine Amtszeit endet demnächst. Am 13. Februar kommt die Bundesversammlung zur Wahl eines neuen Bundespräsidenten zusammen, der auch der alte sein kann. Oder eine Präsidentin. Dafür machen sich die Grünen seit langem stark. Sie hätten jetzt, im Bund als zweitstärkste Koalitionspartnerin mitregierend, die Chance dazu, äußern sich derzeit aber nicht dazu. In der Bundesversammlung haben die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP eine Mehrheit.

Die beiden anderen im Bündnis haben sich festgelegt: die SPD selbstverständlich auf den Amtsinhaber, einen der Ihren. Auch die FDP unterstützt Steinmeier und bekräftigte am Mittwoch ihr Bekenntnis zu ihm kurz vor der Weihnachtsansprache: Auch die FDP-Fraktionen in Bund und Ländern hätten dafür plädiert, ihn für eine zweite Amtszeit zu unterstützen, erklärte FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner. Dass er erneut antreten wolle, sähen die Freidemokraten „mit Sympathie und großem Respekt“.

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