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Politik: Weimarer Wohlfühltage

Der SPD-Vorstand sonnt sich bei seiner Klausur im Umfragehoch – die Steuerdebatte bleibt draußen

Die SPD-Basis genießt Personenschutz, jedenfalls wenn sie in Gestalt des Kanzlers daherkommt. Der schlendert am Montagmorgen inmitten seiner Leibwächter so entspannt ins örtliche Kongresszentrum, als habe er nicht die Jahresauftakt-Klausur der SPD, sondern ein Wellnessprogramm vor sich. Weimarer Wohlfühltage gewissermaßen. Tatsächlich startet in der Klassikerstadt eine überaus selbstbewusste Sozialdemokratie mit einem ebenso selbstbewussten Kanzler in das Wahljahr 2005. Kein Vergleich zum Vorjahr, als Gerhard Schröder noch SPD-Chef war und die Sozialdemokraten an den Reformen fast verzweifelten.

Damit jeder merkt, wie groß das Wohlgefühl ist, meldet sich Schröder vor der Weimarhalle mal eben als „Stimme der Basis der SPD“ mit zwei Botschaften zu Wort. Die Union ist ein zerstrittener handlungsunfähiger Haufen, so die eine. Die andere: Die SPD ist eine geschlossene und entschlossene Reformpartei.

„Wenn man sich mal die politische Landschaft zu Beginn des Jahres anschaut“, sagt Schröder, „dann stellt man fest, dass Edmund Stoiber in einer Mischung aus nicht verarbeiteter Niederlage und brennendem Ergeiz versucht, sich in 2005 warmzulaufen“. Ob Schröder sich dabei auf die Kritik des Bayern an der großzügigen Fluthilfe der Regierung bezieht, auf die Sticheleien der CSU gegen CDU-Chefin Angela Merkel oder auf beides, bleibt offen. Klar wird nur, dass bei der Union nichts klar ist.

Die SPD wiederum wird von der Kanzler-Basis sanft daran erinnert, „dass die Menschen die Lösung von Problemen erwarten, keinen innerparteilichen Streit“. Das unterscheide die SPD „wohltuend“ von der CDU/CSU. Ansonsten solle die Partei „entschieden“ ihre Arbeit tun.

Worin aber die entschiedene Arbeit der SPD und der Bundesregierung bis zur Wahl 2006 eigentlich bestehen soll, lässt sich so leicht nicht sagen – sieht man von der Umsetzung der Hartz-Reformen ab. In Weimar spricht die SPD-Führung über viele Themen: Bildung, Integration, alternde Gesellschaft, Programmdebatte, Parteireform. Wegweisende Beschlüsse werden nicht gefasst, obwohl der demografische Wandel weitere Reformen nötig machte, wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis mahnt.

Ihr Steuerkonzept zur Senkung der Sozialbeiträge stößt bei Parteichef Franz Müntefering, beim Bundeskanzler und bei Wirtschaftsminister Wolfgang Clement auf strenge Ablehnung. Simonis kündigt hinter verschlossenen Türen dennoch an, mit dem Thema weiter Wahlkampf zu machen. Müntefering verweist in der Sitzung auf die zuständige Arbeitsgruppe und ruft ganz allgein das „Jahr der Entschlossenheit“ aus. Der Streit soll nicht eskalieren. Auch wenn der schleswig-holsteinische Finanzminister Ralph Stegner seine Forderung noch einmal bekräftigt: „Ohne eine große Steuerreform wird es nicht gehen.“

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