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Weißrussland: Minsker Oppositionsführer verurteilt

Die weißrussische Staatsmacht hat in Minsk Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch festgenommen und im Schnellverfahren zu 15 Tagen Haft verurteilt. Er hatte sich gestern an einer nicht genehmigten Kundgebung beteiligt.

Minsk/Brüssel - Der Herausforderer von Präsident Alexander Lukaschenko bei der Wahl Mitte März habe sich an einer nicht genehmigten Kundgebung am Rande der Tschernobyl-Gedenkveranstaltung beteiligt, begründete der Richter am Donnerstag sein Urteil. Milinkewitsch kündigte Berufung an. «Die Macht hat Angst vor uns. Das wird unausweichlich zum Fall des diktatorischen Regimes führen», ließ er in Minsk mitteilen.

Die Europäische Union reagierte empört auf die jüngste Verhaftungswelle gegen Oppositionelle in Weißrussland. «Wir verurteilen jegliche Festnahme von Personen, die an einer politischen Demonstration oder anderen politischen Aktivitäten beteiligt waren», sagte eine Sprecherin der EU-Kommissarin für Außenbeziehungen, Benita Ferrero-Waldner, am Donnerstag in Brüssel. Nach der Verschärfung des Einreiseverbots für die engsten Vertrauten von Lukaschenko in die Staaten der Europäischen Union seien weitere Maßnahmen möglich.

Milinkewitsch hatte am Mittwochabend vor 10 000 Anhängern zu einem demokratischen Machtwechsel in seiner Heimat aufgerufen. Bei der Gedenkfeier zum 20. Jahrestag der schlimmsten Atomreaktor-Katastrophe der Geschichte betonte der Oppositionspolitiker, Weißrussland leide heute unter einem «politischen Tschernobyl». Der prowestliche Politiker rief seine Anhänger auf, dem Oppositionsbündnis «Für die Freiheit» beizutreten. «Gemeinsam können wir die Diktatur in den kommenden zwei Jahren besiegen», sagte er.

Auf Flugblättern hatte Milinkewitsch in den vergangenen Tagen angekündigt, den Tschernobyl-Marsch vom Minsker Oktoberplatz zu beginnen. Dies wurde von den Behörden aber verboten. Milinkewitsch war daraufhin am Mittwochabend zu einigen am Oktoberplatz versammelten Anhängern gegangen und hatte diese aufgefordert, mit ihm zum genehmigten Kundgebungsplatz vor der Akademie der Wissenschaften zu kommen. Nach Ansicht des Richters war das eine «Beteiligung an einer nicht genehmigten Veranstaltung», die mit der Gefängnisstrafe geahndet wurde.

Auch mehrere andere bekannte Oppositionspolitiker erhielten Gefängnisstrafen von bis zu 15 Tagen. Milinkewitsch hatte am Donnerstagmorgen eine Vorladung der Minsker Polizei erhalten, die er aber nicht befolgte. Gegen Mittag wurde er dann nach einem Besuch bei einer Oppositionszeitung in Minsk von Polizisten festgenommen. Der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatoli Lebedko, wurde dagegen nach mehrstündigem Verhör wieder freigelassen.

In Berlin verurteilte die FDP die Festnahme Milinkewitschs scharf. «Der weißrussische "Steinzeitdiktator" (Alexander) Lukaschenko könnte sich ohne die Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin keinen Tag im Amt halten», sagte Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Russland müsse jetzt dafür Sorge tragen, dass Milinkewitsch sofort freigelassen werde. (tso/dpa)

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